per nächste MI A IN BRINGT...
.. ANGST VOR MYSTIK? Weg zum \lahnsinn oder Iıleg zur Erleuchtung?
...MALTA : Steinzeitliche Tempel der Großen Göttin.
.. „BEWUSST SEIN RBB : Timothy Leary, Anton Wilson, Starhawk, Luisa
Francia und andere kommen zur Berliner New-Age-Tagung.
...Meditationsübungen, die zweiten Teile der Artikel über Thelema und den Gehörnten Gott und eine neue Folge des BERSERKERS.
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INHALT
VDRWOLEL. een TE ee
un esneern nr Feen nee DELILE 2
Mythologie: Ber Gehärnbenbokt er Seite 6 Sernneorenteeeesneeneeee. Seite
Die Göttin der Morgenröte cceneeeeeennen Seite 15 Seseseseersenenseene SEITE
Natur/Heilkunde:
Hexensalben, Legende oder Wirklichkeit wuarbtarhe Sara Seite 20
Fantasy: Der Berserker, Teil 2
Kunsesesssennenenhonnne ana ueeeeens Seite 26
Kulke
Das Mältestne., ones; Seite 37 Sonneesnerenseneseneennenserere. Seite
Gruppen:
Thelema - oder gibt es noch eine Heilige Inquisition? ....... Seite 45
Konkalte ee ee een ae ee, Seite 52
Impres
8 UM ann ner een een Seite 25
Liebe Leserin! Lieber Leser!
Nun ist es endlich soweit: aus den Tiefen der Erde dringt neues Leben ans Licht, die Knospen der Blumen öffnen sich, das weiße Leichentuch des Winters wird abgeschüttelt und überall ist frisches, junges Grün! Doch der Winter gibt sich nicht so leicht geschlagen. Wärme und Frost, Sonne, Regen und Schnee wechseln sich in wildem Tanz ab. Hoch- wasser-Katastrophen suchen den Süden Deutschlands heim und in der Schweiz und in Österreich donnern Lawinen (letztere aller- dings vor allem wegen des von Menschen verursachten Waldster- bens!). Wir Heiden erleben be- wußt den Kampf zwischen Thor und den Eisriesen, die Befreiung Freyas aus der dunklen Zwingburg, die Rückkehr Kores aus dem Reich des Todes, die Auferstehung von Inana, von Ado- nis, von Osiris mit. Wir beglei- ten das Ereignis mit unseren Gedanken, unseren Gebeten, unse- ren heiligen Riten. Darum liegt ein Schwerpunkt dieser Ausgabe des HAINs in der Verehrung der
Frühlingsgöttin und im baldigen
Maifest.
Der Artikel handelt deswe- gen über das Maifest und nicht über Ostara, weil Matthias und ich abschätzen konnten, daß wir den Erscheinungstermin zu Ostara
nicht schaffen würden. Wir beide machen eben alle Arbeiten in unserer Freizeit. Darum suchen wir auch noch hier, in Berlin, feste Mitarbeiter für die Redak- tion, vorwiegend weibliche. Es ist zu Recht bemängelt worden, daß fast alle Mitarbeiter des HAINs Männer sind, und uns selbst ärgert dies am aller- meisten, gerade in Bezug auf Themen wie die Große Mutter, das Matriarchat oder weibliche Magie.
Was nun freie Mitarbeit angeht, waren wir überrascht von Eurer Aktivität: Wir sind gera- dezu überschüttet worden von Leserbriefen, Anmerkungen zu Artikeln, eigenen Artikeln, Gedichten und Essays, Anfragen, Lob und Kritik. Dem Ziel, ein Forum für den gegenseitigen Gedankenaustausch im modernen Heidentum zu schaffen, sind wir damit schon einen großen Schritt näher gekommen!
„Glaub i ül Bin sein heiligstes Gut schießen!
mir, kein deutscher Jäger würde auf
Habt "bitte Verständnis da- für, daß wir nicht alles sofort beantworten, manches erst in einigen Ausgaben bzw. gar nicht abdrucken können. Außerdem wäre es gut, wenn Anfragen künftig Rückporto beigelegt würde. So mancher wußte nicht recht, wie er abonnieren sollte, darum sei es noch einmal gesagt: Man braucht nur 13,50 DM auf unser Konto (siehe Impressum) zu über- weisen und uns eine kleine Nachricht zukommen zu lassen. Da der HAIN Kontakte schaffen möch- te, sind unkommerzielle Kontakt- anzeioen kostenlos (mit dieser Ausgabe trennen wir in mehr persönliche "Kontakte" und mehr öffentliche "Cruppen - Veran- staltungen - Zeitschriften", beide Sparten kostenlos), aber auch kommerzielle Ilerbeanzeigen (siehe Impressum) sind willkom- men. !
Zwei Leser hatten ausführ- liche Anmerkungen zu dem Artikel "Rad des Jahres". Wir planen deswegen, diese in einer der folgenden Ausgaben abzudrucken. Ein anderer Leser fand im Kreuz- gana der Fürstabtei (Berchtes- gaden) Abbildungen germanischer Götter, sehr ähnlich denen, die im Artikel "Kultstätten des Harzes" beschrieben wurden.
Kritik gab es vor allem an der Odins-Zeichnung auf der Rückseite bzw. daran, daß der germanische Wind-,. Wetter-,
Todes- (aber auch Fruchtbar- keits-)gott nackt dargestellt wurde. Mir persönlich kommt diese Kritik eher etwas lächer- lich vor, da sie mich stark an christliche Schamhaftigkeit und an den Christengott erinnert, der ständig ein Lätzchen um sein "Schmutzteil" tragen muß. Uns Heiden sollten Natürlichkeit und Fruchtbarkeit eigentlich heilig sein - oder waren es keine Hei- den, die Freyr in Uppsala mit Phallus verehrten (von Darstel- lungen und Bräuchen aus anderen Teilen Europas und der Welt ganz abgesehen)?
Aus Platz- und Zeitgründen mußten wir die Artikel über den Gehörnten Gott und über den magischen Orden "Thelema" leider zerteilen. Die angekündigten Meditationsübungen erst im nächsten HAIN (wir wol- len aus diesem Thema eine fort- laufende Reihe gestalten), auch den Wetter-Artikel müssen wir auf inen späteren Zeitpunkt verschieben. In der Hoffnung, daß Euch der HAIN dennoch Freude macht, wünscht Euch ein fröh- liches Maifest und den Segen der Götter
erscheinen
Euer Michael
Noch eine Anmerkung zum Thema "Öffentliche Meinung": Die Springer-Presse hat wieder zuge- schlagen! In einer siebenteili- gen Pressekampagne zog die "Welt am Sonntag" systematisch alles in den Schmutz, was mit Hexen- tum, neuem Heidentum und New Age zu tun hat. Leider zeigte sich nicht nur der Autor Josef Nyary als gelehriger Schüler der Sek- tenpfarrer, sondern auch der SPD-Kultusminister Hans Schwier (Nordrhein-Westfalen) ließ sich dazu herab, vor der "Droge Dk- kultismus" und vor "Lehrern, die sich leichtfertig in der Schule als Hexen bezeichnen", zu war- nen. Es lebe die Heilige Inqui- sition!
KREISLAUF
Ich bin ein friedlich grasendes Reh und ich bin der reißende Wolf der nach seinem Blut dürstet
Ich bin ein gehetzter Wolf Jer vor den Jäger licht Jer sein Fell begehrt, und ich bin der Jäger auf den der Tod wartet Jamit die Erde
Tu . meinen Körper verschlingen kann.
Martin Coleman
DAS UN - TIER.
Die Brennessel im Blumenbeet ist für ihn Unkraut. Finen versehentlich entschlüpften Furz betrachtet er als Unart. Finen Kindesverführer nennt er einen Unhold. Einen hungrigen Wolf sicht er als Ungehener, doch er selbst benimmt sich wie ein Un - Tier.
Martin Coleman
Der Gehörnte
",..Und wir rufen Dich, oh mächtiger Jäger..." Durch das Dunkel meiner geschlossenen Au- gen dringt die volle Stimme Cays zu mir. "..Wilder Gott... Rauschgott... trunkener Jüng- ling... Befreier, der die Ek- stase bringt... der die Weisheit bringt... die Fackel trägt... Lucifer... Geliebter... Lieben- der in dunkler Nacht... sterben- der und wieder auferstehender Gott, Herr des Lebens, Herr des Todes, Herr des Tanzes, Sonnen- kind, Hirsch, Stier, Bock, Tän- zer, Flamme in uns, Dionysos! Pan! Odin! Cernunnos! Osiris! Tammuz!I Balder! Hades! Sol! Paaaaaanl I"
Stille. Der letzte Name war schon fast ein Schrei gewesen. Ich öffne meine Augen nicht. Ich höre nicht zum ersten mal eine Anrufung und ich höre auch nicht zum ersten mal, wie eine tiefe, sanft schmeichelnde Stimme von plötzlicher Erregung gepackt in ein wildes Rufen umschlägt.
War es Cays Stimme? Das spielt keine Rolle mehr. Wir stehen in einem Kreis, halten uns an den Händen, haben die Lider geschlossen. Nacheinander rufen wir den Gott, so wie wir zuvor die Göttin gerufen haben. Wessen Stimme erklingt, das ist ganz gleichgültig, denn in dem
GOTT
Moment der Anrufung ist es die Stimme des ganzen Kreises, die Stimme des Kosmos, die einzige Stimme, die existiert im Dunkel und deren Worte das sind, was wir alle in dem Moment denken, fühlen, erleben.
In der entstehenden Pause merke ich, wie mich die leichte Trance wieder verläßt. Ich weiß nun genau, daß die Hände, deren lockeren Griff ich spüre, zu Lilith und zu Morgaine gehören und daß nach Cay Morgaine mit der Anrufung dran sein wird. Da höre ich bereits ihre leise, warme Stimme: "Ich grüße Dich, Gehörnter Gott..."
Der Gott ist gehörnt im Hexenkult der Wiccas. Er ist es nicht immer, aber oft. Er hat viele Gesichter, viele Gestal- ten, viele Namen. Häufig heißt er Pan oder Cernunnos nach ge- hörnten Göttern des Altertums, obwohl er genausogut Freyr, Uller, Lug, Saturn oder Krishna genannt werden könnte. Es ist schwierig, einem Außenstehenden etwas von seinem vielseitigen Wesen verständlich zu machen. Er entzieht sich der Erklärung mit satyrhaftem Lachen und offen- bahrt sich der Empfindung, spot- tend wie Mephistopheles, denn die Empfindung sieht ihn, aber sie ist stumm.
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So tastet sich der Logiker in mir anhand von Bildern, Asso- ziationen, Visionen in dieses Minotauros-Labyrinth hinab. Ich weiß, daß Hexen selten Dogmati- ker sind. Der Gehörnte ist eine Kraft, und im Ritual verwenden Hexen alle Götternamen, die sie mit dieser Kraft identifizieren können. Diese Kraft wird als männlich empfunden wie die Kraft der Großen Göttin als weiblich gilt. Und genauso, wie die Große Göttin alle Aspekte der Weib- lichkeit in sich vereinigt, spiegelt der Gehörnte alle Er- scheinungsformen des Mannes wie- der: Kind, Greis, Jüngling, Ge- liebter, Bruder, Vater, Tänzer, Jäger, Opfer, Beschützer usw.
Dennoch werden bestimmte Aspekte des Männlichen stärker bei ihm betont als andere. Er
hat z.B. eine deutliche Beziehung zu allem, was gehörnt ist. Er wird oft als Jäger (aber auch als das Jagdwild selbst), als Herr der Wälder, der Natur verstanden. Er gilt selbst als wild, triebhaft, mit dem Rausch und mit der Frei- heit verbunden. Er be- freit das Bewußtsein in der Ekstase von allen Fesseln. Er vermittelt neue Erfahrungen, er weiht ein in die Myste- rien. Er ist verbunden mit dem Rad des Jahres, er ist das Sonnenkind, der Erntekönig und der Sterbende Gott. So wird er selber zum Herrn des Todes, dem Unterweltskönig und Führer der Geisterreiter. Als Herr des Todes ist er unlösbar mit dem Orgasmus (dem "kleinen Tod"), der Lust, der Zeugung, ja sogar dem Leben einerseits, mit der Einweihung in tiefe Geheimnisse, dem Tod des Alten Ichs und der Geburt des Neuen Ichs, der reli- giösen Ekstase und der Weisheit andererseits verbunden. Er ist ein Kreis von Assoziationen ohne Ende und zugleich ein unüber- blickbares Netz von Querverbin- dungen. Der Logiker in mir ist geschafft und zieht sich grau- send an die Oberfläche zurück. Vielleicht begreife/ergrei- fe ich mehr von Ihm, wenn ich
mir Seine früheren Inkarnationen anschaue.
Als erstes begegne ich Ba- phomet. Auf dem inzwischen klas- sisch gewordenen Kupferstich von Eliphas Levi (*1) hat er den Kopf eines Ziegenbocks, männli- che Schultern und Arme, weibli- che Brüste und schwarze Schwin- gen. Zwischen seinen Ziegen- beinen ragt als Phallus ein Hermes-Stab empor und auf seiner Stirn lodert eine Fackel. Seine Linke weist in die Tiefe, auf eine schwarze Mondsichel und trägt die Tätowierung "Coagula" (von lat. "cogere" =sammeln, zwingen), seine Rechte zeigt in die Höhe, auf eine weiße Mond-
"Solve" (von "solvere" =lösen). Auf seiner Stirn ist ein Penta- gramm.
Für Levi scheint Baphomet ein Symbol für die kosmische Ganzheit oder die Vereinigung der Gegensätze (Mensch/Tier, Frau/Mann, Sammeln/Lösen, Oben- /Unten, Hell/Dunkel, Hermes-Stab mit den beiden, ihn umwindenden Schlangen) gewesen zu sein, aber dadurch auch für Weisheit und Erkenntnis stehend (Flügel, Pen- tagramm, Fackel, Hermes als Gott der Einweihung). Auf dem Bild scheint der Ziegenkopf zu lä- cheln, seine Augen jedoch sind konzentriert. Der Gehörnte kann ein neckischer Spaßmacher sein, aber begehe nie den Fehler, ihn zu unterschätzen!
Baphomet... woher kommt er eigentlich, dieser Gott, Dämon oder was immer er ist? Für Levi war er identisch mit dem Bock, den die Hexen im Mittelalter auf ihren Sabbaten umtanzt haben sollen, aber eigentlich taucht sein Name das erste Mal im Zu- sammenhang mit einer der angese- hensten Institutionen der Kirche auf - dem Templerorden.
Dieser Mönchsorden für Rit- ter wurde im Gefolge des ersten Kreuzzuges nach Palästina 1119 u.Z. gegründet. Wie andere Rit- terorden (der Johanniter- bzw. Malteserorden und der Deutsch- ritterorden) nahm er sehr rasch
an Reichtum und Macht zu, was dem König von Frankreich - in seinem Staatsgebiet hatte der Orden seinen Sitz und größten Einfluß - bald ein Dorn im Auge war. Hinzu kam, daß der franzö- sische König in einer schlimmen finanziellen Misere steckte und die großen Besitztümer der Temp- ler ihn lockten. Also wurde der Orden der Ketzerei angeklagt, die Ritter verhaftet und ver- hört. Nach sieben Prozeßjahren hob der Papst 1312u.Z. den Orden auf und seine Führungsspitze wurde exekutiert.
Die Verhöre konzentrierten sich hauptsächlich auf die Auf - nahmeriten, bei denen der Novize auf Mund, Nabel und Rückrat geküßt wurde bzw. den ihn Ein- weihenden auf das Gesäß küßte. Danach sollte der Novize Christus abschwören, auf einem Kruzifix herumtreten und ein bärtiges Haupt aus kostbarem Metall wurde auf den Altar ge- stellt. Um dieses lag eine weiße Schnur, mit der sich der Einge- weihte von nun an unter seiner Kleidung gürten sollte. Das bär- tige Haupt (in den Protokollen oft als "Haupt des Baphomet" bezeichnet) tauchte noch bei anderen Ordensversammlungen auf und wurde dabei verehrt. Einige Tempelritter hatte es so beeindruckt, daß sie bei seinem Anblick zitterten und sich ver- wirrt fühlten.
Natürlich ist der Wert die- ser Aussagen stark dadurch ge- mindert, daß sie unter Zwang; möglicherweise unter Folterung entstanden. Dennoch wirken sie untereinander SO individuell, daß das Körnchen Wahrheit in ihnen stark wahrscheinlich wird, zumal das ganze Ritual einen inneren Sinn aufweist. Da dieses bereits an anderer Stelle aus- führlich interpretiert wurde (*2), will ich mich hier nur auf das Haupt konzentrieren. Es ist ungehörnt und dennoch hat Levi recht, wenn er es mit dem Sab- bat-Bock gleichsetzt: Es reprä- sentiert die männliche Kraft schlechthin, jenseits des Dua- lismus von hell und dunkel, gut und böse. Von diesem Dualismus sagten sich die Templer los, indem sie Christus, den Reprä- sentanten des Einseitig-Lichten, zerstörten und sich einer ursprünglicheren Gestalt zuwand- ten. Zugleich waren sie selber fixiert auf das Männliche, wie ihre homophilen Aufnahmeriten zeigen (angeblich sollen sexUu- elle Kontakte der Tempelritter untereinander gestattet gewesen sein) (*3).
Von Levis "Baphomet" aus geht also nicht nur ein Strang zurück in die Zeit, zu dem Ba- phomet der Tempelritter, sondern ein zweiter führt uns zum Bock des Hexensabbats, wie er uns während der Hexenjagden des 16.
und 17.Jahrhunderts entgegen- tritt. Leider bleibt uns auch hier nichts anderes übrig, als auf die Schriften der Verfolger zurückzugreifen, denn die Hexen selbst waren des Lesens und Schreibens nicht mächtig und studierte Gegner der Hexenver- folaungen (Ärzte, Theologen und Juristen) konnten trotz aller Kritik an den Praktiken den Boden der christlichen Lehre niemals verlassen. So wissen wir nicht, wieviel bei den erfolter- ten "Geständnissen" versteckte heidnische Wahrheit und wieviel pure Erfindung der Hexenjäger ist - oder wieviel sogar auf Halluzinationen durch Drogen (die sogenannten "Flugsalben" der Hexen) zurückgeht. Wir können auch nicht die bequeme Anschauung mancher moder- ner Hexen teilen, die alle angenehmen Momente des Sabbats (Tänze, Lie- besorgien, Anbetung des Gehörnten bzw. von Göt- tern usw.) als wahr und
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die Kehrseiten der Schilderungen (Giftmischereien, Kindesmorde, verschiedene fetischistische Ab- artigkeiten usw.) als erlogen ansehen. Hlir müssen einfach zugeben, daß wir es nicht wis- sen. Die erpreßten Beschreibun- gen des Hexensabbats lassen sich ebensoqut aus der Sicht alter heidnischer Bräuche interpretie- ren, wie es möglich ist, ihn aus all jenen \lahnvorstellungen heraus zu erklären, die beziig- lich Ketzerei innerhalb von Jahrhunderten in der Kirche hochgewuchert waren (*4).
Darum begrüßt uns auch der Sabbatbock dieser Zeit in einem Zwielicht, in dem wir nicht erkennen können, ob ein verzerrt gezeichneter Waldgott oder Luzi- fer vor uns sitzt (wobei letzte- rer selbst die Verzerrung alter Götter ist, wie wir noch sehen werden). Er empfängt uns inmit- ten des wüsten Treibens der nächtlichen Hexenversamnlung auf einem goldenen oder schwarzen Stuhl. Aus seinem Kopf ragen drei große Hörner (manchmal auch mehr, manchmal nur zwei), deren mittleres leuchtet, heller noch als das Licht des Mondes. Sein Körper ist halb der eines Men- schen, halb der eines Ziegen- bocks. Gelegentlich zeigt er sich ganz und gar als Bock oder als schwarzer bzw. schwarzge- kleideter Mann, der oft noch einige Bocksattribute (Hörner, gespaltene Hufe als Füße, Schwanz) besitzt. Besonders, wenn er nicht als Herr des Sab- bats, sondern als nächtlicher Liebhaber der Hexen auftritt, überwiegen die menschlichen At- tribute. In Bocksgestalt trägt er Hexen zum Sabbat, wenn sie nicht auf Besen, Heugabeln oder ohne Hilfsmittel fliegen, in Bocksgestalt ist er auf den Hostien dargestellt, die bei der Verhöhnung der christlichen Messe verwendet werden. Auch anderes antichristliches Tun wird ihm zugeschrieben: Er for-
dert vom Neuling, daß dieser dem christlichen Glauben abschwört und den Teufel anbetet, läßt sich von seinen Anhängern auf die linke Hand, die Brust, das Glied und den After küssen, hält Schwarze Messen (Umkehrungen des christlich-katholischen Ritus), ermuntert die Versammelten dazu, den Christen möglichst viel Bos- heiten und Schaden zuzufügen, läßt sich Geld, Brot, Eier und andere Dinge opfern und treibt Geschlechtsverkehr mit Frauen und Männern auf alle nur erdenk- liche Arten.
Wie bereits erwähnt wissen wir nicht, wieviel von solchen (besonders letzteren) Schilde- rungen der lüsternen Phantasie lebenslang in ihrem Sexualtrieb unterdrückter Mönche entsprang, sie bleiben aber im Bereich der Möglichkeit. Schon aus der Antike wissen wir von bestimmten Festtagen, an denen die starre Gesellschaftsordnung aufgehoben wurde und alle Tabus erlaubt waren. Wenn in den erfolterten Berichten also immer wieder In-
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zest, Homosexualität, Sadomaso- chismus usw. auftauchen, dann könnte das auf ein Fortleben dieses Rrauchs unter der einfa- chen Bevölkerung hindeuten, auf ein gelegentliches Ausbrechen aus dem Joch sozialer und sexu- eller Unterdrückung (und wer kennt nicht die Parallelen aus dem heutigen Faschingsbrauchtum, zu dem sexuelle Freizügigkeit ebenso dazugehört wie närrisches Sich-lustig-machen über Re- spektspersonen?).
Darüberhinaus ist der Bock an sich bereits ein Symbol der Fruchtbarkeit und Triebhaftig- keit. Seine Hörner (die bei kaum einer Teufels-Narstellung fehlen dürfen) erinnern an den Phallus, zugleich symbolisieren sie als Waffen selbstbewußte, souveräne Kraft. Der Ziegenbock gilt als unermüdlich in seinem Fortpflan- zungstrieb und als wild, sprung- haft, unberechenbar. Wir werden diese \esenszüge noch in Göttern wie Pan oder Dionysos wiederfin- den, an dieser Stelle genügt uns die Vorstellung, wie ein solches
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Wesen auf einen einseitig ver- aeistigten, Erotik und Lust an der Erotik als Sünde betrachten- den Juden bzw. Christen gewirkt haben muß: ein Sinnbild der Verworfenheit!
Beteten die Hexen des Mit- telalters einen Gehörnten Gott an oder nicht - daß der Bock ‚als Teufelsgestalt herhalten mußte, war von vorneherein eine von den Inquisitoren beschlossene Sache. Möglicherweise verdrängte er dabei die Große Gättin, die moderne Nexen anbeben. Fine weibliche Gegenspielerin Jahwes paßte nicht so gut in das Welt- bild der Pfaffen, in dem zwar Frauen Gefäß für alle Sünden sein mußten (90% der hingerich- teten Hexen waren Frauen!), eine dominante Rolle jedoch sogar bei der "Gegenpartei" ausgeschlossen war. Das einzige, was in diese Richtung weist, ist die "Königin des Hexensabbats", die in man- chen Protokollen erwähnt wird, eine erwählte Hexe, die neben Satan auf einem Thron sitzt. Alles andere bleibt im Dunkel
der Geheimnisse, des Schweigens, der Lügen und Verdrehungen.
Wenn die Hexen damals - oder einige von ihnen, wir müs- sen regionale Unterschiede immer im Auge behalten, es hat ja nie eine allgemeine, in sich ge- schloßene Heiden- oder Hexenre- ligion gegeben! - einen Gehörn- ten anbeteten, dann haben sich eventuell einige Bruchstücke dieser Religion in Form von Sagen und Legenden erhalten. Wir wollen dieser Frage in der näch- sten Ausgabe des HAINs nach- gehen...
Michael Frantz
Anmerkungen:
(*1) Eliphas Levi war ein französischer Magier (1810 - 1875). Der Stich erschien das erste Mal in seinem Buch "Trans- cendental Magic".
(*2) Gerhard Zacharias geht in "Satanskult und Schwarze Mes- se" (1979, Herbig) auf den Sei- ten 103-105 auf die Symboliken des Kusses, der Kreuz-Zerstö- rung, des Haupts und des Gürtels ein. Ich möchte dazu nur anmer- ken, daß die Symbolik des Gür- tels als "Kraft-Speicher" weit verbreitet ist und heutige Hexen oft eine ähnliche Schnur auf ihrem Körper tragen und daß
ebenfalls häufig die Symbolik des Kopfes als Lebenszentrum, Kraft-Zentrum, Zentrum magischer Macht angetroffen wird (Mimirs- Sage in der Edda, Schädelkult der Kelten, Kopf jagd im Pazifik, der Brauch, aus der Hirnschale eines Feindes zu trinken: der- artige Kelche aus Hirnschalen wurden noch beim kirchlichen Johannes-Fest im Mittelalter verwendet).
(*3) Um die innere, geheime Lehre der Tempelritter ranken sich seit Zerschlagung des ÜUr- dens zahlreiche Gerüchte und Legenden und es gibt wohl kaum eine mystisch-esoterische Ge- sellschaft, die nicht behauptet, direkt oder indirekt von den Templern abzustammen (Freimau- rer, Rosenkreuzer, 0.T.0., der ariosophische 0.N.T., um nur die bekanntesten zu nennen).
(*4) Historische Belege für Hexen-Versammlungen habe ich leider - außer besagten "Ge- ständnissen" - nicht finden kön- nen (HAIN-Leser, die zu diesem Thema etwas beitragen können, bitte ich um Mitarbeit!). Was die Existenz von Hexen und Zau- berern angeht, so bemerkt der Anthropologe Max Marwick dazu treffend: "Die Gesetze (der christianisierten Germanen) wim- meln von Maßnahmen gegen Zaube- rer". Das spanische Gesetzeswerk "Fuero Juzgo" spricht von jenen, die "nachts dem Teufel opfern",
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und die Synode von Liftinae 743 Ueli verurteilt den Glauben, "daß Frauen den Mond bezaubern"
(nach anderer Lesart: die "Meinung, als beschwören die Weiber den Mond"). Überhaupt
sind die Beschlüßse jener Kir- chenversammlung eine Fundgrube nicht nur alter heidnischer Bräuche und Vorstellungen, son- dern auch von Aussagen über das germanische Zauberer- und Hexen- lesen (kommentierte Ausgaben: Franz Widlak: "Die abergläubi.- schen und heidnischen Gebräuche der alten Deutschen", Armanen- Verlag; Anton J. Binterim: "Von dem Aberglauben der deutschen Christen im Mittelalter", 1977 Asgard-Edition der Arbeitsge- meinschaft für Neligions- und Weltanschauungsfragen).
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Eigenwille
Ich folgte über'n Gartenzaun mit meinem Blick ner Fliege.
Da sah ich Nachbars Lindenbaum, beschnitten war'n die Triebe. Da dacht! ich:
Der Nachbar weiss wohl kaum was über wahre Naturliebe, denn der Baum hält eh nicht
stild, bringt Jahr für Jahr neue Triebe.
Martin Coleman
MEDITATION
Trete aus der Welt des Lärmens und der äußeren Sinne in
die Stille des Inneren Universums der Stimme
Deines Herzens betrachte schwei- gend
geöffnet die Bilder deiner Seele
deren Geist im Universum ist
Kehre zurück in die Welt der Sinne des brandenden Lebenslärm Sehe, verstehe und tue
was du zu tun hast mit der Kraft
Deines Herzens und der Schönheit
deiner grenzenlosen Seele die da frei atmet im Weltenhauch
Rudolf A. Goldmann
Die Göttin der Morgenröte
Aus den wirren, hekti- schen Träumen einer unruhigen Nacht erwache ich mit noch halbbetäubtem Schädel, während ich, mich in meinem Bett wum- herwälzend, langsam das Be- wußtsein meines Körpers zu- rückerlange. Ich erhebe den Kopf aus der Tiefe der Kissen und luge vorsichtig über den Rand meiner Bettdecke. Ge- blendet zucke ich etwas zuriick, als ich den Glanz des rötlich-golden erleuchteten Himmels erblicke. Unbarmherzig dringt das Licht des östlichen Himmels durch das Fenster des Zimmers in meine Augen, gießt die Kraft seiner Strahlen in mein verschlafenes, dumpfes und noch etwas mürrisches Ge- sicht. Aber diese Sinfonie aus Licht und Farben scheint in mir eine Kraft entzündet zu haben, die mich herausreißt aus dem Meer des Unbewußten, in dem ich nächtlich umhertauchte und schwamm. Plötzlich tauchen in meinen Geist Bilder von Plänen für den kommenden Tag auf - und alle Muskeln meines Körpers straffen und spannen sich in Erwartung kommender Aufgaben, die meine ganzen Kräfte erfor- dern. Aufbruch eines neuen Tages!
So eile ich, aus dem Bett springend, zum Altar der Sonne am östlichen Fenster. Ich danke der Göttin Morgenröte, daß sie mit ihrer Fackel meine Seele entflammt hat. Dann harre ich am Altar des Aufsteigens jenes Gottes, dem sie vorangeschritten ist.
Das hier geschilderte, durchaus alltägliche Erlebnis spiegelt sich in vielen Phasen des Lebens im Reich der Natur- kräfte und des Menschen wieder.
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0b wir an die Erneuerung des Lebens der Erde im Frühling denken, an den Beginn einer neuen geschichtlichen Epoche, die durch eine Revolution einge- leitet wurde - oder auch den Neuanfang eines Menschen, der nach seiner lInitiation sein Leben umgestaltet - stets ist es die lebendige Kraft einer Göttin, die von allen Völkern des Altertums verehrt und ge- liebt wurde. Als antreibende <raft des aufsteigenden Lebens, der neu entstehenden Bewußtheit nach langer Nacht, war sie immerhin so bedeutsam, daß sie nahezu alle Strukturwandlungen der mythologischen Systeme im eurasischen Raum überstanden hat. So hat selbst die ausge- sprochen patriarchalische alt- indische Religion an der Ver- ehrung der Göttin festgehalten, die im 300N-4000 Jahre alten Rigveda als USRA bzw. in der Mehrzahl als USHAS (=die Morgen- röten) angesprochen wird. In mehr als 20 Hymnen verklären sie die rigvedischen Sänger als "Himmelstochter, Jungfrau, röt- lich stahlende Göttin", als "Schimmernde", die dem Anbeten- den ihre Schönheit enthüllt, mit ihren roten Kühen Feindschaft und Finsternis vertreibt.
Auch die Litauer, deren Sprache manche Ähnlichkeit mit dem altindischen Sanskrit auf- zuweisen hat, verehrten eine
NM N.
j
Göttin namens AUSZRA.
Die alten llienden hatten in der Stadt Jüterbog südlich von Berlin einen Tempel für die
Göttin errichtet, der noch Mitte des 16. Jahrhunderts gestanden haben soll.
Bei den Römern ist es die AURORA, die genau der griechi- schen EOS entspricht. Von der innigen Beziehung des griechi- schen Menschen zur Göttin der Morgenräte künden uns die orphi- schen Hymnen aus dem 6.Jhdt. vor der Zeitenwende, im denen sie als "strahlenglänzende EOS" und "Tempelhüterin des Lebens" ge- priesen wird. Man dankt ihr, daß sie "dein sterblichen Sein ein tätiges Leben gibt" und bittet sie um Mehrung des heiligen
Lichtes. In der Symbolik des griechischen Mythos öffnet sie dem Sonnengott mit Rosenfingern die goldene Pforte und streut Rosen auf seinen Weg. Für Homer ist sie die "Göttin auf goldenem Thron", "die Frühgeborene", "die draußen am Rande der Welt wohnt" (homerische Hymnen).
Gewisse Parallelen zu die- ser Göttin gibt es auch in den orientalischen Mythen der Kana- aniter, wo sie uns unter dem Namen ASTARTE begegnet. In der mittelalterlichen Dämonologie taucht vermutlich die gleiche Gottheit als der hermaphrodi- tische Dämon ASTAROTH auf. Bei den Babyloniern und Sumerern wurde sie als ISHTAR verehrt.
Aus all diesen verschiede- nen Namensformen hat Paul Herr- mann eine indogermanische Grundform erschlossen, die AUS0OS oder AUSRO lauten würde.
Aus welchen Quellen ist uns nun diese Göttin als mytholo- gische Gestalt der altgermani- schen Religion bekannt?
Nun, es war der angelsäch- sische Mönch Beda Venerabilis (674-735), der in seiner Schrift "De temporum ratione", c.13 eine Göttin erwähnt, die für die Namensgebung des Monats April (Esturmonath oder Eosturmonath) bei den Angelsachsen verantwort- lich sei. Er führt dabei folgen- de Namensformen für die Göttin auf: "Eostra, Eostrae, Eostre",
Jakob Grimm hat in seiner "Deut- schen Mythologie" aus diesen Angaben zu Recht den Schluß gezogen, daß der althochdeutsche Name des Osterfestes, Ostarun, dieser Göttin seinen Ursprung verdankt. Der von ihm daraus erschlossene Name OSTARA ist jedoch insofern eine hypothe- tische philologische Konstruk- tion. Dies muß leider mit aller Deutlichkeit festgestellt wer- den, auch wenn der Gottesname 0OSTARA im populären heidnischen Schrifttum immer wieder mit ungeprüfter Selbstverständlich- keit aufgeführt wird. Denken wir dabei auch an die englische Bezeichnung für das ÜUsterfest: Eastre oder Easter.
Hierbei stoßen wir natür- lich auch auf die Tatsache, daß die Göttin in der Edda nament- lich nicht erwähnt wird. Auch das Fehlen anderer schriftlicher Quellen verleitete manche Reli- gionsforscher zu der Annahme, daß eine Göttin OSTARA, wie bei Grimm behauptet, nur eine Fik- tion sei.
Wir treffen aber in der Edda auf eine Göttin der Liebe, der Schönheit und des Kampfes - und dies ist ein weiterer Schlüssel zum Wesen der Göttin der Morgenröte. Denn FREYA ist identisch mit der antiken VENUS- APHRODITE, die zugleich als Morgenstern (nämlich der Planet Venus!) verehrt wurde. Die Mor-
genstunde als Zeitpunkt des er- sten Lichtes und der Erleuchtung ist aber ein entscheidendes Kennzeichen beider Göttinnen (EOS und APHRODITE). Dies wurde in einem konkreten Attribut in den Beschreibungen und Darstel- lungen der Aphrodite immer wieder zum Ausdruck gebracht: Der Fackel, bzw. einem Fackel- paar. Fbenso heißt es auch im "Pervigilium Veneris", einer Gebetshymne des Aphrodite-Venus- Heiligtums von Eryx (Nordwest- sizilien): "Der Morgenstern mit dem Fackelpaar verfolgt den fliehenden Wagen, doppelte Gottheit, die wir Stern nennen und Genius der Aphrodite, und es begleiten ihn die Schwestern, welche an die Vergangenheit die Zukunft binden. Die erhobene Rechte erleuchtet den Abstieg der Nacht; die Fackel der Linken ergießt sterbend das Licht der Morgenrüöte in aufsteigender Glut, Fackelträgerin des Sonnen- onttes, wmgürtet von seinem Schimmer!"
Die babylonische ISHTAR wird in einem Hymnus als "Leuchtende Fackel Himmels und der Erde, Licht aller Lande" und als "Feuerbrand, der gegen die Feinde aufleuchtet" bezeichnet.
Aus all diesen Zusammen- hängen wird deutlich, daß die Göttin der Morgenröte ein Aspekt (Tochter oder vielleicht Inkar- nation) jener Göttin, ist, die
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wir unter dem Namenszusammenhang FREYA-VENUS-APHRODITE kennen. Aber eben nur ein bestimmter Aspekt, nämlich der des aufstei- genden Lichtes, während ihr an- derer Aspekt, der Abendstern, die Rückkehr des Lichtimpulses in die Welt der Nacht ankündigt.
Die Parallele zwischen germanischer und antiker Mytho- logie wird noch überaus deut- licher, wenn wir ihre Beziehung zum Sonnengott betrachten, mit dessen Erscheinung sie ja im Tageslauf eng verbunden ist. FREYA ist Schwester und zugleich auch Gemahlin des Sonnengottes FREYR. Ebenso eng verbunden ist AURORA-ENDS dem Sonnengott, sie läuft vor seinem Wagen, verkün- det sein Kommen. EOS war die Schwester des HELIOS.
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Hier schließen sich die Vegetation. Im Tierkreis steht
Kreise der Mythen und wir kehren an dieser Stelle im Jahreskreis- wieder zurück zur Stellung der lauf der Widder, vermutlich als "EOSTRAE" (OSTARA) im heiligen Sinnbild eines gehörnten Urgot- Rad des Jahres. Sie steht hier tes. Die Wärme der Göttin bringt am Zeitpunkt der Frühlings-Tag- das letzte Eis des todbringenden undnachtgleiche: Als Verkünderin Winters zum Schmelzen, dessen der zunehmenden Lichtfülle, die Wasser wir am Ostermorgen in von jetzt ab über die Finsternis heiligem Schweigen schöpfen. dominiert - aber nicht allein Laßt uns eins werden mit der tritt sie uns entgegen, sondern Göttin, indem wir in der Stunde in inniger Gemeinschaft mit dem der Morgendämmerung unsere Augen Lichtgott, mit dem sie sich in gen Osten richten! Und wenn Fruchtbarkeit ersehnender Lust unsere Lippen die Laute ihrer verbindet. Ihr zu Ehren feiern heiligen Namen formen, werden wir deshalb nicht nur die ewigen diese mehr sein als philolo- Mysterien geschlechtlicher Wonne gische Fossilien vergangener (Walpurgis), sondern entzünden Kulturen. Aber auch nur dann!
auch die Osterfeuer als Sinnbil- der der Morgenröte des neuen
Jahres, der fruchtbar werdenden Matthias Wenger
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(erscheint April/Mai 1988)
Geza von Nemenyi
Heidnifche Naturreligion
Altüberlieferte Glaubensvorftellungen, Riten und Bräudıe
Erste Gesamtdarstellung des Heidentums nach den Textquellen, mit den überlieferten Ritualen. Aus dem Inhalt: Runen,Hexen, Mythen, Tyrkreis, Jahresfeste, Lebensfeste, Kultmelodien u.a.
Johanna Bohmeier Verlag Breite Str. 65 3134 Bergen a.d. Dumme Ruf: 05845/244
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HEXENSALBEN Legende oder Wirklichkeit
Obwohl schon viel über die Wirkung von sogenannten Hexen- salben oder Flugsalben geschrie- ben wurde - angefangen bei den Protokollen der Hexenprozesse bis zu manchem alternativen Kräuterbuch - ist mir keine au- thentische Rezeptur für solche Salben bekannt geworden. Die wenigen Vorschriften, die bis heute überliefert sind, sind entweder unvollständig - insbe- sondere in Bezug auf die Mengen- angaben - oder aber im Lauf der Zeit so mit Beschwörungsformeln und "unsinnigen" Zutaten ausge- schmückt worden, daß der eigent- liche Inhalt nicht mehr zu re- konstruieren ist. Allerdings sind auch die Beschwörungen für die Wirkung der Salbe wichtig, um den Anwender in eine entspre- chende Stimmung zu versetzen, denn sonst schlägt die halluzi- nogene Wirkung leicht zu einem "Horrortrip" um.
Allerdings ist man nicht nur auf Spekulationen angewie- sen, wenn es um die Zusammenset- zung von Hexensalben geht. Viele Pflanzen enthalten Stoffe, die die Psyche oder die Wahrnehmung des Menschen beeinflussen kön- nen.
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Die wohl wichtigste Pflan- zengruppe, deren Mitglieder in Hexensalben verwendet werden, ist die Gruppe der Nachtschat- tengewächse (Solanaceae). Beson- ders wichtig für die Wirkung sind die sogenannten Tropanal- kaloides L-Hyoscyamin, Atropin (DL-Hyoscyamin) und Scopolamin. In niedrigen Dosierungen bewir- ken diese Alkaloide Mundtrocken- heit. Die Pupillen werden erwei- tert, weshalb z.B. Tollkirschen- zubereitungen schon in der Anti- ke von Frauen verwendet wurden (der lateinische Beiname der
Tollkirsche bella-donna bedeutet schöne Frau). In höherer Dosie- rung treten Wirkungen auf das zentrale Nervensystem in den Vordergrund. L-Hyoscyamin und Atropin wirken erregend auf die Großhirnrinde (vergl. Namensge- bung Tollkirsche). Symptome sind Hitzegefühl, Sehstörungen und Herzrasen. Der Tod tritt bei Atropinvergiftungen durch Herz- Kreislauf- und Atmungsversagen ein. Scopolamin hingegen wirkt schon in niedriger Dosierung dämpfend auf das Bewegungssys- tem. Höhere Dosierungen führen zu einem tranceähnlichen Däm- merungszustand, bei dem eine gewisse Ansprechbarkeit erhalten bleibt, aber die verstandes- mäßige Kontrolle der Gedanken und Handlungen ist beeinträch- tigt. Wegen dieser Eigenschaft wird Scopolamin als sogenannte Wahrheitsdroge eingesetzt. Zu berücksichtigen ist weiterhin, daß eine Trennung von Realität und Illusion in einem solchen Zustand nicht möglich ist. Auf diese Weise erlebte Träume kön- nen durchaus als real empfunden werden. Ein Hautkribbeln wird z.B. so empfunden, als ob einem Fell oder Federn wüchsen. Die überlieferten "Reiseberichte" unter dem Einfluß von Hexensal- ben sind durchaus als besonders wirklichkeitsnah er-lebte Träume ernstzunehmen.
Allerdings ist die Dosie-
rungsspanne zwischen den bewußt- seinserweiternden Wirkungen und den unerwünschten Vergiftungser- scheinungen sehr klein. So man- cher hat den Versuch, Hexen-
salben - seien es überlieferte oder aus eigener Erfahrung zu- sammengestellte Rezepturen - an
sich selbst auszuprobieren mit dem Leben bezahlt.
In Hexensalben wurden mit großer Wahrscheinlichkeit fol- gende Nachtschattengewächse ver- wendet:
Die Tollkirsche (Atropa bella-donna L.)
Die Tollkirsche wächst am Waldrand oder in Lichtungen auf kalkhaltigen, lehmigen Böden. Dieser bis zu 1,5 m hohe Busch hat eiförmige, angespitzte, klebrig behaarte, bis zu 10 cm lange Blätter. Aus den violet- ten, glockenförmigen Blüten im Juli entwickeln sich im Herbst schwarzglänzende, kirschartige Beeren.
Alle Teile der Pflanze sind stark giftig. Die Pflanze ent- hält in allen Teilen Tropanalka- loide.. Der Gehalt an diesen Alkaloiden kann aber bei Zuchtformen und bei einer \Va- riante mit gelblichen Blüten und helleren Beeren weit höher lie- gen. In den jungen, frischen Blättern und den unreifen Beeren herrscht L-Hyoscyamin vor. Dar- aus entsteht in älteren und
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aetrockneten Blättern sowie in den reifen Früchten das nur halb so wirksame Atropin.
Der Stechapfel (Datura stramonium L.)
Der Stechapfel ist eine krautige, bis zu 1 m hohe Pflan- ze, die an Wegrändern auf sandi- gen, nährstoffreichen Böden wächst. Die unteren Blätter wer- den bis zu 20 cm lang. Pie Blattform ist eiförmig mit buchtig gezähntem Rand.Aus den im August erscheinenden, trope- tenförmigen, weißlichen Blüten entstehen charakteristische, stachlige Früchte mit braun- schwarzen Samen.
Die Alkaloidzusammensetzung
schwankt je nach Alter und Rei- fezustand der Pflanzenteile er- heblich. In jungen Blättern ist
Scopolamin enthalten, in älteren Pflanzen überwiegen Hyoscyamin und Atropin.
Das Bilsenkraut (Hyoscyamus niger L.)
Diese ca. 0,5 m hohe, krau- tige Pflanze hat eine rübenför- mige Wurzel. Die leichtgestiel- ten, schmutbziggrünen Blätter sind länglich und buchtig ge- zähnt. Die Blüten im August haben gewickelte, schmutzigweiße bis gelbliche Blütenblätter mit feinen violetten Adern. Aus dem Blütenkelch entwickelt sich die Frucht mit vielen schwarzen Sa- men. Die Pflanze macht insgesamt gesehen einen ziemlich "schmutzigen" Eindruck. Als "ty- pisches Unkraut" wächst Bilsen- kraut an Wegrändern auf einiger- maßen nährstoffreichen Sand- und Lehmböden.
Bilsenkraut enthält neben L-Hyoscyamin auch größere Mengen (bis zu 40 Prozent der Gesamtal- kaloide) Sco- polamin. Da- durch tritt } bei der Wir-
kung der zen- tral beruhi- gende Efekt in den Vor- dergrund.
Deshalb wurden Bilsenkrautzube- reitungen oft Bieren zugesetzt, um "schwache" Biere in der Wirkung zu verstärken.
Die Alraune (Mandragora officinarum L.)
Seit Menschengedenken wird die Alraune für eine der zauber- kräftigsten Pflanzen gehalten. Das liegt wohl an der Gestalt ihrer Wurzel, die unter gewissen Umständen recht menschenähnlich sein kann. Über die Alraune als Zauberpflanze wird in einer der nächsten Ausgaben einen eigenen Artikel geben. Da die Alraune im Mittelmeerraum heimisch ist, ist es nicht sicher, ob ihre Wurzel auch als Bestandteil von Hexen- salben Verwendung fand. Aller- dings sprechen gewisse Anzeichen dafür, daß diese Pflanze im späten Mittelalter auch in der Schweiz und in Süddeutschland vorkam. Auf jeden Fall war der Bekanntheitsgrad der Pflanze so groß, daß es durchaus möglich ist, daß sie für Hexensalben verwendet wurde, wegen ihres sehr hohen Preises aber sicher nicht als Hauptbestandteil.
Die Alraune ist eine sten- gellose, krautige Pflanze mit bis zu 20cm langen, fleischigen, gerippten Blättern. Die violet- ten, glockenförmigen Blüten ste- hen in der Mitte der Blattroset- te. Die Früchte ähneln unreifen Tomaten.
Neben den Nachtschattenge- wächsen spielen auch andere Pflanzen eine wichtige Rolle bei der Zusammensetzung von Hexen- salben. Alle hier aufzuzählen, würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Deshalb wird die Aus- wahl auf eine Pflanze be- schränkt, bei der charakteristi- sche Inhaltsstoffe eine Verwen- dung in Hexensalben plausibel erscheinen lassen.
Der blaue Eisenhut (Aconitum napellus L.)
Der blaue Eisenhut, auch Sturm-hut genannt, gehört - bo- tanisch gesehen - zu der Gruppe der Hahnenfußgewächse. Die Pflanze wird bis zu1 m hoch, Die Blätter sind 5 - ?geteilt, tief eingeschnitten. Die blatı- violetten, helmförmigen Blüten stehen in dichten Trauben. Der Eisenhut wächst vornehmlich in den Gebirgsregionen der Alpen, kommt aber auch in den Mittelge- birgen vor. \Jegen seiner schönen Blütenstände wird der Eisenhut auch als Zierpflanze in Gärten angebaut. Der blaue Eisenhut ist eine der giftigsten Pflanzen in Mitteleuropa. Schon wenige Gramm Frischpflanzenteile können zu tödlichen Vergiftungen führen. Die wirksamen Alkaloide, Aconi- tin und Derivate, werden leicht durch die Haut resorbiert, so daß selbst Berührungen mit der Pflanze gefährlich werden kön-
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nen. Vergiftungen äußern sich durch Brennen und Kribbeln im Mund, am Hals und in den Glied- maßen. Weitere Symptome sind Schweißausbrücke und Wahrneh- mungsstörungen wie "Pelzigsein" der Haut. Bei höherer Dosierung treten schmerzhaftes Erbrechen und Durchfall, dann Muskelläh- mung und starken Schmerzen auf. Der Tod tritt durch Atemlähmung oder Herzversagen bei vollem Bewußtsein ein.
Gerade das "Pelzigsein" der Haut kann auch das Wachsen eines Fells oder Federkleids empfunden werden.
Auch im Tierreich wird man fündig auf der Suche nach Zuta- ten für Hexensalben. Als Bei- spiel sei hier die Erdkröte (Bufo bufo L.) aufgeführt.
Die Erdkröte ist die größte Kröte Europas. Weibliche Tiere können bis zu 20 cm groß werden. Die Männchen sind nur etwa halb so groß. Die schleimige Haut der Erdkröte ist von Warzen bedeckt. An der Oberseite sind die Tiere bräunlich gefärbt mit dunkleren Flecken. Der Bauch ist heller bis hin zu schmutzigqweiß. Die Erdkröte ist recht häufig. Über- all, wo es ein bischen feucht ist, kann man sie finden.
Der Schleim der Erdkröte enthält giftige, auf das Herz wirkende Substanzen, sogenannte Bufogenine und Bufotoxine.
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Außerdem enthält der Kröten- schleim Bufotenin und verwandte Substanzen, die Bewußtseinsstö- rungen und Halluzinationen be- wirken können.
Als Salbengrundlagen wurden Fette tierischen Ursprungs z.B. Hammeltalg und Schweineschmalz verwendet. In den Untersuchungs- protokollen der Hexenprozesse wird berichtet, daß das Fett neugeborener Kinder zur Herstel- lung der Hexensalben benutzt wurde. Inwieweit diese Berichte den Tatsachen entsprechen oder durch Folter bedingte Manifesta- tionen der krankhaften Phantasie der Befrager sind, ist heute nicht mehr zu ergründen.
Auch ist die genaue Zube- reitungsart der Salben nicht mehr genau zu rekonstruieren. Wahrscheinlich wurden unter ge- heimgehaltenen Beschwörungen die diversen Zutaten in Gefäßen ge- schmolzen, die noch flüssige Salbe durch Tücher abgeseiht und kaltgerührt.
Zum Schluß dieses Artikels möchte ich noch einmal die deut- liche Warnung aussprechen, daß es lebensgefährlich ist, Salben aus solch giftigen Pflanzen an- zuwenden. Schon mancher - sogar Mediziner - hat seine Neugier mit dem Leben bezahlen müssen, da der Abstand zwischen der "gewünschten" Wirkung und der Vergiftung sehr gering ist.
Henri Schladitz
. impressum
DER HAIN erscheint viertel jähr- lich zu den Sonnenwenden bzw. Tagundnachtgleichen (März, Juni, September, Dezember). Er er- scheint in verschiedenen Buchlä- den oder wird direkt versandt. Der Umfang einer Ausgabe beträgt mindestens 50 Seiten. Eine Aus- gabe kostet 2,50 DM, ein Jahres- abonnement (= 4 Ausgaben + Ver- sandkosten) 13,50 MM. Abonniert wird durch Überweisung von 13,50 DM auf das Konto und gleichzei- tige Benachrichtigung.
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Michael Frantz Schubartstr.5 D-1000 Berlin 27 Tel.: 03N/432 94 48
DER BERSERKER
Eine Fantasy-Geschichte in Fort- setzungen. Von Michael Frantz. Teil 2.
Zusammenfassung des 1.Teils: Wulfgar, ein wandernder Krieger, schließt sich auf seinem Weg dem Zug der Prinzessin Irmgard an. Unterwegs kehren sie in einem einsamen Gasthof ein, in dem Wulfgar auf einen Reisenden aus dem fernen Land Attika trifft. Sofort verbindet beide eine un- erklärliche Feindschaft mitein- ander. \lulfgar verhindert einen Kampf, indem er einen Rückzieher macht.
"Nanu, Meister Wulfgar," wunderte sich der Barde, als Wulfgar mit einem Mal wieder in der Tür stand, bleich im Gesicht
und zugleich aus vollem Halse lachend. "Wer ist Euch denn begegnet?"
"lie - wie kommst Du da-
rauf?" stotterte der Krieger. In seinen Gedanken und Gefühlen tobte ein wildes Durcheinander.
"Ihr seht so aus."
"Nein, mir ist niemand be- gegnet ." Jetzt hatte sich Wulfgar wieder in der Gewalt. "Es ist mir nur gerade etwas eingefallen... Aber das geht dich nichts an!"
Gunnar zuckte mit den Schultern und wandte sich wie- der seiner Arbeit zu. Es war offen- sichtlich, daß er Wulfgar kein Wort aeglaubt hatte. Der Krieger starrte auf den mageren Rücken des Jünglings. Der Barde mochte viel- leicht vierzehn Som- mer zählen, aber er hatte die Stimme eines Erwachsenen. Frühreife Knaben wie Gunnar hatte Wulfgar eher in den Elends-
vierteln Koronars gesehen als auf der'Landstraße.
Auch Isa war in ihre Arbeit vertieft. Eigentlich hatte sie bei Wulfgars Eintreten nur kurz aufgeblickt und sich dann wieder auf die Kleider der Prinzessin konzentriert, die sie zwei Truhen entnahm, auf dem Bett ausbreitete, glattstrich und wieder zusammenlegte. \lulfgar beobachtete, mit welcher Sorg- falt sie dabei vorging. Im Gegensatz zu Gunda war ihre Lebensblume bereits am Welken und Ilulfgar nahm an, daß sie ganz im Dienst an ihrer Herrin aufging.
"Kann ich helfen?" fragte er sie.
Sie schaute ihn mit ihren merkwürdig großen, warmen Augen an. "Eigentlich nicht. Dafür sind deine Hände viel zu grob. Vielleicht hilfst du ihm, er scheint nicht zurechtzukommen." Sie blickte in Gunnars Richtung, der gerade am Kamin hockte und in die schwelende Glut blies.
"Es geht schon," wehrte dieser ab, doch Wulfgar kniete sich schweigend neben ihm hin. Für ihn als Waldläufer war es nur ein Kinderspiel und einige Augenblicke später leckten die ersten, jungen Flammenzungen über die aufgeschichteten Holz- scheite. "So, das hätten wir," meinte Wulfgar befriedigt. "Jetzt kann mich kein Riese und
kein Drache mehr von einem guten Bier abhalten!"
Isa hatte inzwischen unter den Kleidern eines gefunden, was ihr für den Gasthofaufenthalt der Schwägerin des Königs von Welten passend erschien, und ging daran, die anderen wieder zu verstauen. Wulfgar betrach- tete das Kleid und sein Anblick tat ihm weh. Er konnte sich vorstellen, wie schön Irmgard darin aussehen mußte, wenn sie darin ihre Eltern, den König und die Königin von Stade, besuchte oder daheim in Welten zur Tafel schritt. An ihrer Seite war ihr Gemahl, der jüngere Bruder des Königs von Welten, zu ihren Füßen liefen ihre drei kleinen Kinder und er, Wulfgar, saß irgendwo draußen mit anderen Söldnern an einem Lagerfeuer und träumte von einem Wunder...
In diesem Augenblick poch- te es an die Tür. Wulfgars Hand ertastete den beruhigenden Griff des Jagdmessers. "Aufmachen!" erklang Gundas Stimme durch das Holz. Wulfgar sprang an die Tür und öffnete. Gunda drängte sich rasch an ihm vorbei, denn mit ihren Händen hielt sie einen breiten Bottich, in dem das Wasser den hölzernen Rand hin- aufschwappte. Mit einem befrei- ten Keuchen stellte sie ihn in der Mitte des Raums ab. "Bist du fertig?" fragte sie Isa. Die nickte nur. "Gut, dann können
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wir die Herrin ja holen!"
Sprachs und schritt an Wulfgar wieder zur Tür hinaus. Im Vor- beigehen hatte er ein flüchtiges Lächeln erhaschen können, dann war sie entschwunden. Pffenbar hatte sie ihr Mut von vorhin wieder verlassen. Da sie hier nichts mehr zu tun hatten, folg- ten Wulfgar und Gunnar ihr nach.
Durch den zwielichtigen Flur gelangten sie an der Hof- treppe vorbei zum Schankraum. Schon im Gang brandete ihnen der Lärm rauher Stimmen, gerückter Bänke und klirrenden Rüstzeugs entgegen. Thorichs Reiter fühl- ten sich offenbar ganz wie zu Hause. Sie hatten alle Tische besetzt bis auf drei. Die drei Männer an dem einen Tisch trugen saubere, biedere Reisekleidung und begafften die wilde Horde mit versteckter Neugier. Offen- bar handelte es sich um die Handwerker, welche der Attiker so abfällig "Flickschuster" ge- nannt hatte.
Die Männer am Nebentisch waren gleichfalls zu dritt, aber ihr Anblick versetzte Wulfgar einen Schreck. Attiker! Sie trugen die gleichen weißen Tuni- ken wie ihr Herr, den gleichen kurzen Haarschnitt und ihre dunklen Wangen waren glatt. Die Gürtel, an denen ihre Dolche hingen, waren bescheidener und schmuckloser gearbeitet als der des Mannes, dem Wulfgar begegnet
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war. Jedoch wie bei diesem fiel Wulfgar eine Schlaufe an ihren Gürteln auf, eine Schlaufe zum Befestigen eines Schwertgehän- ges.
Ihr Herr saß nicht bei ihnen, sondern an der Tafel am Ende des kleinen Saals, an der er Irmgard und Thorich Gesell- schaft leistete. Thorich und der Fremde waren in ein lebhaftes Gespräch vertieft, dem Irmgard höflich zuhörte, während sie sich von einem Becher Wein er- frischen ließ. Als Gunda die Treppe hinablief und zu üihr trat, erhob sie sich erleichtert und zog sich mit der Kammerfrau zurück.
Gunnar hatte sich unterdes- sen zu den Handwerkern gesellt, während Wulfgar an Rolfs Tisch noch einen Platz fand. Ein Mäd- chen, ungefähr so alt wie Gunnar, schob ihm eilig einen Holzbecher zu, bevor sie sich wieder um die anderen Gäste kümmerte und in der Küche verschwand. \Wulfgar hatte sie bereits von der Hoftreppe aus gesehen, wie sie neben der Wir- tin auf dem Boden kniete und Gemüse schälte.
Nach einiger Zeit kehrte Irmgard von Welten gebadet und in dem prächtigen Kleid zurück, das der Krieger vorhin bereits bewundert hatte. Doch was war das Gewand schon ohne seine Trägerin! Alles erhob sich, als
sie die Treppe herab- schritt. Wulfgar grüßte mit einer angedeuteten Verneigung und sie lächel- te zurückhaltend, bevor sie von Thorich und dem Fremden an der Tafel em- pfangen wurde. Nun durfte das Essen aufgetragen wer- den und Wirt, Wirtin und das Mädchen hatten alle Hände voll zu tun, fast zwei dutzend von schmaler Reisekost ausgehungerte Gäste zu befriedigen.
Die edleren Gäste erhielten Forellen und Eier in verschiede- nen Zubereitungen, die Soldaten wurden mit Suppe und einer scharf gewürzten Hafergrütze versorgt. Dabei beobachtete Wulfgar etwas Merkwürdiges. Rolf brüllte gerade nach einem Nach- schlag und das Mädchen kam und
. füllte seine Schale. Plötzlich
erstarrte sie in der Bewegung und starrte Rolf direkt ins Gesicht. Für einen langen Moment öffneten sich die Tore ihrer geschäftigen Gleichgültigkeit und in ihren Augen konnte man deutlich ein verzweifeltes Fle- hen lesen. Dann zerbrach der Blick, sie wandte sich abrupt den anderen Tischen zu und Rolf schaute ihr fassungslos nach. Er hatte die Botschaft empfangen, konnte aber wohl nichts mit ihr anfangen. Kopfschüttelnd tauchte er seinen Löffel in die dampfen-
de Suppe ein und schlang sie hinunter.
Bald darauf hatte Irmgard zu Ende gespeist und begab sich mit Isa und Gunda zur Ruhe. Nachdem auch Thorich sich ent- fernt hatte, setzte sich der Fremde zu seinen Männern. Sie unterhielten sich in ihrer sin- genden Sprache und Wulfgar be- merkte, daß sie öfters zu ihm herüberschauten. Er wurde unruhig, aber er zwang sich, nach außen hin Ahnungslosigkeit zu mimen. Allerdings war er wirklich sicher, solange er Sol- daten um sich hatte, und bereits morgen wollte Thorich die Reise fortsetzen. Vor allem beschäf- tigte ihn die Ungewißheit, wer sein Feind überhaupt war und warum sie sich haßten, ohne je zuvor einander begegnet zu sein.
Nach einer Weile erhoben sich die Attiker und gingen die
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Treppe hinauf zu den Gästezim- mern. Später sah Wulfgar sie ihr Gepäck über den Hof schleppen, auf den rundbogenen Durchgang zu. Er beschloß, sich nach dem Essen diesen Teil des Gasthofs einmal anzusehen. Bei seinem dünnen Geldbeutel würde ihm sel- ber wohl nichts anderes übrig bleiben, als die Nacht auf einer Bank in der Wirtsstube zu ver- bringen. Wenigstens hatte er es am großen Kamin warm!
Mit vollgeschlagenem Bauch, leicht angetrunken und tief zufrieden schob er die leere Schüssel von sich, nickte Rolf flüchtig zu und stolperte in den Hof hinaus. Da er lesen konnte, blieb er vor dem Eingang rülp- send stehen und entzifferte das Gasthofschild über der Tür: "B- l-a-u-t-e-r-h-0o-s." Tatsächlich stellte das Holzschild eine blaue Hose mit im Winde flat- ternden Beinen dar. Ein merkwür- diger Name für ein Wirtshaus, fand Wulfgar, ein... schlimmer Name! Aber er wußte nicht, warum. Irgendetwas wollte ihm nicht einfallen.
Beunruhigt ging er weiter. Er wollte nach seinen Waffen und Gepäck sehen. Im Planwagen fand er den schlafenden Gunnar vor, der es sich auf dem fellgepol- sterten Boden bequem gemacht hatte. Ohne ihn zu wecken, klet- terte Wulfgar ins Innere, stell- te befriedigt fest, daß sein
geliebter Speer und die anderen Werkzeuge seiner Zunftnoch da waren, überprüfte kurz den Knoten an seinem Reisebeutel. Er überlegte, wo er seine Habe hinschaffen sollte, wenn der Wirt ihm verbot, Waffen mit in den Schankraum zu nehmen. Diese Nacht wollte Wulfgar sie gerne in greifbarer Reichweite haben, notfalls würde er sie in der Dunkelheit hineinschmuggeln. Im unbewachten lagen konnte er die Waffen nicht lassen, und er kannte niemanden von Thorichs Gefolgsleuten näher. Trotz aller Plauderei am Tisch war er für sie ein Fremder.
In diesem Augenblick sah er den Wirt mit einem seiner Knech- te in den Hof treten. Flink kletterte er aus dem Wagen und eilte auf sie zu.
"Ah, Ihr!" begrüßte ihn der Wirt. "Mit Euch wollte ich ohne- hin über einiges reden."
"Das trifft sich gut. Ich frage mich gerade, wo ich die Nacht verbringen werde."
Der Wirt musterte ihn ab- schätzig. "Ein Zimmer wird wohl zu teuer sein. Außerdem sind alle besetzt."
"Dann werde ich mich am besten in den Stall legen."
"Selbst im Stall ist kein Platz mehr - die vielen Pferde. Es wird Euch wohl nur der Hof bleiben."
"Gibt es nicht die Möglich-
keit, in der Schankstube, am Kamin zu..."
"Nein. Das dulde ich nicht. So mancher Gast schon hat im Suff Tische und Bänke zerschla- gen. Und so mancher Gast...", der Wirt machte eine bedeutungs- volle Pause, "...war danach nicht imstande, den Schaden zu bezahlen!"
"Jedoch," fuhr er in ver- söhnlicherem Tonfall fort, "ich würde Euch zwei oder drei Decken für die Nacht leihen, wenn Ihr Frieden haltet."
"lie meint Ihr das?"
"Ihr wißt genau, wie ich das meine! Der edle Asterion aus Attika hat sich über Euch be- schwert und das ja wohl zu recht! Ich dulde nicht, daß in meinem Haus hohe Gäste belästigt werden!"
Wulfgar erwiderte nichts. Er hatte die merkwürdigen Regeln menschlicher Gerechtigkeit zur genüge kennengelernt und wozu sollte er diesem menschlichen Vieh etwas erklären, was es ohnehin nicht verstehen wollte? Also starrte er dem Wirt reglos in die Augen und lächelte mild,
"Habt Ihr sonst noch einen Wunsch?!" schnauzte dieser.
Wulfgar schüttelte den Kopf.
"Dann entschuldigt mich!" Von seinem Knecht gefolgt, stapfte der Wirt davon. Wulfgar schaute ihm nach. Auch gut,
dachte er, dann schlafe ich eben im Wagen und morgen früh erzähle ich dir, was du mir mit deiner rosaroten Zunge auswischen kannst...
Er sah empor und blinzelte in die träge Nachmittagssonne. Es war noch viel Zeit bis zum Abendessen, und er hatte sowieso vorgehabt, sich den Rest des Gasthofs anzusehen. Also schritt er zu dem Rundbogen in der Hof- mauer, durch welchen er in den zweiten, nach attischer Sitte quadratisch angelegten Innenhof gelangte. Stade, Welten und die anderen Königreiche am Timan- Stron waren noch Gehöfte von Stammeshäuptlingen gewesen, als attische Seefahrer an der Küste die Stadt Koronar gründeten. Am Anfang mochte sie gerade einmal ein Marktplatz mit Hafen und einigen Häusern darum gewesen sein, aber immer mehr Menschen wurden von diesem Handelsstütz- punkt angezogen, so daß Koronar wuchs und wuchs und zu einem Schmelztigel der attischen Rasse und der Stämme der Umgebung wurde. Weltoffener, städtischer Handel und bodenständiges Land- leben vermengten sich zu einer neuen Kultur, die sich bald ausbreitete und sogar das Reich Dur unterwarf. Die stärkeren Reiche Welten und Stade setzten Koronars Truppen im Norden eine Grenze, dennoch wurden auch sie von attischer Lebensweise be-
rührt, so daß es Wulfgar keines- wegs wunderte, hier, im Grenz- gebiet der drei Länder, ein einheimisches Langhaus mit einem angebauten attischen Peristyl vorzufinden. Er konnte sich vor- stellen, wie irgendein Vorgänger oder Vorfahr des jetzigen Wirts diesen Rundbogen in die Hofmauer geschlagen und sich darangemacht hatte, den leeren Winkel zwi- schen der hochaufragenden Scheu- ne und der Mauer mit einem gepflasterten Hof aufzufüllen. Gegenüber der alten Mauer war ein niedriges Holzgebäude für weniger begüterte Gäste entstan- den, gegenüber der Scheune hatte man eine neue, allerdings höl- zerne Mauer errichtet. Steinerne Säulen und ein Dach aus Holz umringten diese Art rustikales Peristyl und natürlich durften Blumenbeete und eine große, bronzene Schale zum Auffangen des Regenwassers nicht fehlen. Sogar eine kleine Säule mit einen listig grinsenden Hermes- Kopf darauf war vorhanden. Drüben, im Halbdunkel des Säulengangs, döste einer der Attiker, vielleicht als Wache, vielleicht auch nur, weil ihn der gepflasterte Hof so angenehm traurig an seine Heimat erinner- te. Wulfgar erwartete, daß er aufstehen und seinem Herrn Be- scheid sagen würde, aber der Attiker beobachtete ihn zwar mißtrauisch, blieb jedoch an der
Hauswand sitzen. Die Tür neben ihm war geschloßen.
Ein Stück weiter konnte Wulfgar einen Blick in ein Zim- mer mit ausgestreckt liegenden, selig schnarchenden Reitern wer- fen, in der anderen Ecke des Säulenganges saß auf einer Bank ein dicklicher Mann, dessen kah- ler Schädel von einem Kranz grauer Locken wumschloßen war. Das gute Tuch und die farben- prächtigen Borten seines Gewan- des verrieten den Kaufmann und seine Finger waren mit Ringen geschmückt. Diese bewegte er zögernd über ein buntes Brett, während sein Gesicht regungslose Konzentration ausdrückte.
Der Mann zu den Knien des Koronarers, Niener und Leibwäch-
ter in einen, interessierte Wulfgar jedoch weit mehr. Zopf
und langer, rötlich-brauner Bart kennzeichneten den Hünen als Stammeskrieger aus der Südlichen Wildnis! Wulfgar eilte über den Hof und sprach ihn im Dialekt der Nargier an: "Heil sei dir, Unbekannter! Mutter Erde und Vater Himmel sollen deine Wege beschirmen und deine Sippe ge- deihen lassen!"
Der dösende Krieger fuhr zusammen, sprang auf und automa- tisch kam ihm eine andere Grul- formel über die Lippen: "Heil dir! Thor sei dein Freund, Frigga deine Mutter, Odin dein Vater, Freya deine Schwester und Freyr dein Bruder!" Sie sahen sich an, lachten, umarmten sich. Söldner aus dem kargen Süden gab es im Umkreis Koronars häufiger, zwischen denen jedoch, die aus Stämmen kamen, welche weder Land noch Geld kannten, bestand ein unsichtbares, für Außenstehende unbegreifbares Band.
"Ich entstamne der \Wolfs- sippe des Nargier-Stammes und mein Name ist Wulfgar."
"Ich werde Hejo genannt und gehörte der Luchs-Sippe der Öwier an. Unsere Stämme sind Nachbarn und Feinde." \lieder lachten sie. Pie lleimat war so weit weg.
"Wolfsspeer... Deine Fami- lie verehrt besonders Odin, den einäugigen Sturmvater?"
"Ja...", Wulfgar überlegte einen Moment, bevor er ent-
schied, vorsichtig zu sein, ",..aber ich habe keine Familie mehr, nur noch einen Traum."
Hejo lächelte bitter. "Wer von uns kennt das nicht? Dennoch - obwohl auch ich meine Familie verlor, verehre ich immer noch die katzenhafte Freya, die meine Sippe beschützte und uns mit weitgerühmter Fruchtbarkeit be- schenkte! Aber Odin ehre ich natürlich auch und Thor und all die anderen. Koinm nun her, ich will dich meinem Herrn vorstel- len."
Der Alte hatte bei der lauten Begrüßung aufgeblickt und ihr interessiert zugeschaut, obwohl er sicherlich kein ein- ziges Wort verstand,
"Dieses Freund ab zutlause," erklärte ihm Hejo. Ein Sprach- genie schien er nicht gerade zu sein.
"Ich heiße Wulfgar und kom- me aus der Südlichen Wildnis, ähnlich wie Euer Diener," stell- te sich Wulfgar in fließenden Koronarisch vor und genoß selbstgefällig die überraschten Mienen der anderen.
"Ich bin Philippos, Han- delsagent des großen Kaufmanns Mellon von Koronar," erwiderte der Alte. "Wo habe Ihr unsere Sprache so gut erlernt? Diesen Tölpel hier," er wies auf Hejo, "Versuche ich schon seit zwei Jahren, sie beizubringen, und hört selbst, wie weit er bis
jetzt gekommen ist!"
"Ich war lange Zeit in koronarischen Diensten."
"Interessant. Setzt Euch doch zu mir."
Die dünkelfreie Bescheiden- heit von Philippos beeindruckte bulfgar. Er nahm auf der Bank Platz, wobei er darauf Acht gab, nicht gegen das quadratische Brett zu stoßen, das neben Phi- lippos lag. Es war mit einen blau-rot-karierten Muster be- malt, auf dem viele kleine Holz- figuren in komplizierten Kombi.- nationen standen.
"las ist das, edler Philip- pos?"
"Ein Spiele Es kam aus Ländern zu uns, die noch weiter weg liegen als Attika. Habt Ihr es in Koronar nie gesehen?"
Wulfgar schüttelte den Kopf. "Was macht man mit diesem Brett?"
"Man stellt sich vor, es sei ein Schlachtfeld. Wie Ihr seht, sind ja die Fiqauren in
zwei Farben eingeteilt - den zwei Armeen. Zwei Spieler, die miteinander wetteifern, bewegen die Figuren. Jeder darf, wenn er an der Reihe ist, genau eine Figur seiner Armee um genau eines dieser bunten Nuadrate vorrücken, so wie ich das jetzt mache. Zumindest gilt das für die einfachen Soldaten, das sind diese kleinen Figuren. Die großen Figuren, die Offiziere, dagegen..."
Wulfgar hörte gespannt zu. Der Kaufmann schien sich zu freuen, auf dem langen leg von
Koronar nach Stade einen Men- schen zu treffen, den sein Spiel reizte. Es war ja auch zu ver- wirrend, all. diese verschiedenen Figuren und Zuomöglichkeiten im Kopf zu behalten und sich gleichzeitig Strategien zu über- legen, mit denen man seinen Gegner aufs Kreuz legen konnte. Wulfgar machte immer wieder Feh- ler. Philippos blieb dabei ge-
duldig. Abgesehen davon, daß das
Sanftmütige in seiner Natur zu liegen schien, war er viel zu glücklich über eine Gelegenheit, einige Partien zu spielen und nicht immer mit sich selbst über optimale Verteidigungsstellungen und Angriffe zu philosophieren.
Mittlerweile wurden die Schatten länger und länger und die Sonne stand als rotglühender Ball über den düsteren Tannen- spitzen. Hejo brachte Philippos einen wärmenden Wollumhang aus ihrem Zimmer und Wulfgar spürte, wie über seine Haut ein kühles Kribbeln rann.
"Es wird Zeit für mich," meinte er zu den beiden. "Ich wollte mir noch vor dem Essen den Reisestaub herunterwaschen."
"Ganz in der Nähe ist ein Bach. Hejo wird ihn Euch zei- gen."
"Habt Dank, aber ich werde den lieg auch allein finden."
"seid doch nicht so be- scheiden! Hejo macht das gern, nicht wahr?"
Der Diener nickte. Wulfgar zögerte. Schließlich sprach er: "Ihr müßt meine Unhöflichkeit entschuldigen... Ich möchte ger- ne ein wenig allein sein."
"ie Ihr wünscht. Der Weg ist ja ganz leicht zu finden. Ein Pfad führt direkt an den Bach, ihr braucht nur den Gast- hof durch die hintere Pforte zu verlassen."
Wulfgar verabschiedete sich
von den beiden und schritt davon, durch den Rundbogen, über den vorderen Hof. Eine merkwür- dige Unruhe hatte ihn überfal- len, es drängte ihn zu den Wasser, zu dem Wasser! Er öff- nete das angelehnte Tor und tauchte in den Wald ein.
Nach einigen sandigen Weg- kehren wich der enge Tannenforst lichteren Eichen, Buchen und Kiefern und kurz darauf glänzte ihm durch den goldenen Regen herabhängender Weidenblätter der Bach entgegen. Dieses unerwar- tete Bild des Lebens traf Wulfgar wie eine plötzliche Be- freiung, er spürte ein Gewicht von seinen Schultern gleiten und machte unwillkürlich einen tie- fen, glücklichen Atemzug. Tief in seinem Bauch wuchs ein Lachen, das durch seine Kehle emporstieg und die Welt mit Freude erfüllte, und lachend lief er die Rinne hinunter, der das gluckernde Wasser folgte, über knotige Wurzeln und hinein ins eiskalte, aufspritzende Naß. Er tauchte seine Hände hinein und rieb sich damit das Gesicht, bis es vor Kälte brannte. In der Abendsonne aufblinkende, weiße Tropfen flogen in alle Richtun- gen, als er seinen Bart schüt- telte und rief: "Odin! 0-0-odi- in!" Er verneigte sich in Richtung (Quelle und sprach: "Heil dir, Geschöpf des Wassers! Lebendiges und lebensspendendes
Wesen! Wulfgar ist hier und er wünscht dir, daß du immer sprudelst. Heil dir, du herr- licher Ort."
Während er ans Ufer zurück- watete, bedauerte er es fast, daß der Troß der Prinzessin schon morgen weiterzog. Dabei beschloß er, die Nacht nicht im Gasthof, sondern hier, am Bach, zu verbringen. Pitschnaß und vor Kälte bibbernd machte er sich auf den Rückweg. Seltsam, dachte er, daß die Ausstrahlung dieses Asterion reicht, um einen ganzen Ort zu verpesten... Da erstarrte er! Für den Bruchteil eines Augenblicks hatte er eine Vision! Gewalt und Tod! Toten- schädel, ein Feld voller Toten- schädell Und überall Blut! Es war vorbei. Er war gewarnt wor- den.
Er starrte noch benommen ins Zwielicht der einsetzenden Nacht, als er jemanden näherkom- men hörte! Das Messer sprang in seine Hand und mit zwei langen Schritten war er im Schatten der Bäume. Kurz darauf kam die Magd den NWeg herunter. Aufatmend steckte WWulfgar das Messer zurück und trat ihr in den leg. Sie fuhr zusammen, klappernd fielen die leeren llassereimer aus ihren Händen.
"Verzeih, ich wollte dich nicht erschrecken," entschuldig- te sich Wulfgar.
"A-ach Ihr seid das..."
stotterte sie. Er wollte gerade vorübergehen, da hielt sie ihn an der Jacke fest. "Herr..."
Na?"
"Bei Euch ist ein Reiter, ein stämmiger, mit Schnauzbart und Haar in der Farbe von Eichenlaub..."
"Rolf?"
"Vielleicht heißt er Wollt Ihr ihm eine Botschaft von mir bringen?"
"elche?"
"Heute Nacht, wenn die Schänke schließt, soll er zum Bach kommen. Dort werde ich auf ihn warten. Sagt Ihr ihm dies?"
"Warum sagst du's ihm nicht selbst?"
"Ich kann nicht! Sagt Ihr's
u” je}
ihm nun oder nicht?"
"Von mir aus..."
"Habt Dank! Habt vielen Dank! Ich muß jetzt weiter." Sie nahm ihre Eimer auf, brdankte sich noch einmal und ging. Ein Stück weiter drehte sie sich erneut um und rief: "Und vergeßt es nicht!" Dann verschwand sie im Halbdunkel.
Fortsetzung in der nächsten Aus- gabe.
Das Maäifest
In früheren Zeiten, als die Menschen noch stärker im Ein- klang mit der Natur lebten, war das Bewußtsein bestimmter ein- schneidender Änderungen im Jahreslauf nur eine Frage der Aufmerksamkeit gegenüber alltäg- lichen Erscheinungen.
Für uns, die wir vom Kor- sett der Zivilisation mehr oder weniger eifersüchtig gegen Natureinflüsse abgeschirmt wer- den, bedarf es zur Bewußtwerdung der Festzeiten des Jahres schon eines gezielten Verständnisses,
So hat jedes Fest seine besondere Aufgabenstellung für den Zivilisationsmenschen, deren Meisterung man als Ziel anvisie- ren sollte, um nicht den Natur- rhythmus des Jahres in dumpfer Halbbewußtheit zu verschlummern.
Hatte die Wintersonnenwende als entscheidenden Kernpunkt die Geburt des Lichtes in der Tiefe unseres Inneren zum Inhalt, so setzt sich dieser Vorgang zu Lichtmeß als eine ständig zuneh- mende Durchdringung unseres Körperbewußtseins als auch unse- rer Seele durch die aufsteigende Lichtkraft fort. Und so ist es auch im Leben der Erde: Ilas bisher dunkel und unbekannt war, tritt jetzt ins Licht der Er- kenntnis. Was bisher in eisiger Starre gebunden war, wird jetzt
gelöst und beweglich, anpas- sungsfähig und aufnahmebereit. Zu Ostern schließlich beginnen geheime Quellen zu fließen (das Osterwasser des Lebens) und die ursprüngliche und noch unberühr- te Bereitschaft zu fruchtbarer Vereinigung mit der Außenwelt wächst sprungartig.
An ° INN em EREN er
Und dennoch ist zu Ostern die Fülle neuer, brodelnder Lebenskräfte erst in der Vorbe-
reitungsphase, noch ge- wie die Walpurgisnacht, fangen im Inneren (das der Vorabend zum 1. Ei als Sinnbild). Es Nai. Auch das Pfingst- ist das fruchtbare A fest (50 Tage nach dem SM ersten Ostertag) und JE seine Volksbräuche ge-
2} hören zu den Feierlich-
Chaos vor der Geburt des Lebendigen, aber schon in der Zielrich- 3 tung auf künftige Be- staltwerdung.
keiten des Mai, frei- lich unter kirchlichen Zum Maifest geht , Deckmantel. Ursprüng- | lich war hier einmal :von "Hohe Maien" die Rede. Statt des 1. Mai
a7 werden viele Volks-
der Impuls der inneren Kräfte schließlich ganz nach außen, durchbricht die festen Konturen des !bräuche auch in manchen ı Gegenden am 12./13. Mai | (sog. Alter Mai) gemäß ! dem julianischen Kalen-
abgegrenzten Ürganis- mus, um aus der Einheit des in sich abgeschlos- senen Lebens zur Le-} bensvielfalt zu werden. Das Mysterium der Zeu- gung, der magnetischen = Anziehung zwischen den
arız | der durchgeführt. Man- N; che heidnischen Gruppen ”" feiern heute das Fest ..” am zweiten Vollmond 5 af = nach der Frühlings- und Frau, das vollkom- uf F Ay Y N atagniecttgleheh an- mene Hinausschleudern i ®*=. dere in der Zeit da- und sich Aufbäumen al- _ “nach. Im Keltentum ler Lebenskräfte über die Grenzen hinaus -
Wesen, zwischen Mann \y
iu!
Großbritanniens hieß es beltaine (oder auch dies ist die eigent- liche Erfahrung und Aufgabe des Maifestes!
beal-tine, baldein, beltien, beltan).
In diesem Abschnitt Im alten Europa des Jahres steht die hatte dieses Fest viele Sonne im Zeichen Stier: verschiedene Namen und Pa Die MNenschen dieses verschiedene Zeitpunkte , Zeichens sind erfah- sind mit seinen Feier- £ö a Tungsgemäß gut mit den FB4 stofflichen Bedingungen des Lebens, mit seinen
materiellen Vorrausset-
lichkeiten verbunden. So gehört das noch im April liegende St. Be- orgs-Fest ebenso dazu, zungen und Notwendig-
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keiten vertraut. Sie beherrschen die Gestaltung des Stoffes, sind ungeheuer arbeitsam, aber zugleich auch hemmungslos im Genießen und Auskosten aller Genüsse des Lebens. Dies gilt sowohl in sexueller als auch in kulinarischer Beziehung und be- züglich der Wahrnehmung des Schönen in Kunst, Mode und Land- schaft. Sie sind ausgeprägt sinnlich.
Der Stier als Sinnbild ungehemmter Zeugungskraft und \Wollust: So wurde dieses Fest in alten Zeiten auch gefeiert, wovon die Schilderungen klerika- ler Mießmacher deutliches Zeug- nis ablegen. So berichtete ein protestantischer Geistlicher um 1585 in England, "die Ausgelas- senheit bei der Einholung des Maibaums sei so groß, daß ein Drittel der daran beteiligten Mädchen ihre Ehre verliere". Eine oberpfälzische Polizei- verordnung von 1533 bezeichnet das Maifest kurzweg als "un- christliches und unflätiges Ding". Der Volkskundler Dr. Eu- gen Fehrle (in: Deutsche Feste und Volksbräuche, Leipzig 1920) bemerkt etwas verschämt: "Ver- einzelt sind noch Spuren eines ehemaligen Beilagers erhalten. Diese Begehungen sind zurück- zuführen auf das Nebeneinander- stellen menschlicher und vege- tabilischer Fruchtbarkeit."
ihnliche Deutungen des Mai-
festes, seiner Riten und Sinn- bilder finden wir auch in Fra- zers monumentalem \lerk "Der gol- dene Zweig". Volkstümliche Magie als Instrument wirtschaftlichen Zweckdenkens einer landwirt- schaftlich tätigen Bevölkerung - dies ist sicher auch ein Aspekt der sexuellen Riten des Mai- festes. Daß es hier aber noch um wesentlich mehr ging, nämlich das bewußte Erleben und Gewahr- werden des eigenen Körpers, sei- ner Kräfte und Stärken und die Steigerung dieser Kräfte zu überschäumender Lust und Ekstase - diese wesentliche Aufgabe des Festes gerät bei der Darstellung der Fruchtbarkeit als ökonomi- scher Zwecksetzung leicht in den Hintergrund.
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Worin bestanden nun die Hauptelemente des Festes und wie wurde es durchgeführt? Wir fin- den im volkstümlichen Brauch ein kultisches Feuer, die Errichtung eines heiligen Baumes, zwei Re- präsentanten göttlicher Urkräfte in männlicher und weiblicher Gestalt und einer Reihe initia- torischer, kultischer Hand- lungen, die sich zwischen diesen beiden Wesenheiten abspielen. Die kultischen Feuer wurden meist in der Walpurgisnacht ent- zündet, teilweise aber auch am 1.Mai. Es heißt, daß ihr Sinn in der Vertreibung der Hexen be- stehe. Offenbar geht es hierbei natürlich um die Vertreibung der Dämonen der Unfruchtbarkeit, der Lustlosigkeit, der Erstarrung und Trägheit. Darin bestünde seine reinigende Wirkung. Gleichzeitig ist es natürlich auch ein Sinnbild für das Feuer der Leidenschaft und der körper- lichen Stärke der Wesen. Ebenso doppeldeutig ist auch das ge- zielte Lärmen zu Walpurgis: Auf der einen Seite richtet es sich gegen die Dämonen des Alten Jahres, zugleich demonstriert es die eigene Stärke.
Wichtigstes "Requisit" des Maifestes ist der Maibaum, der in den allermeisten Fällen eine Birke war, allerdings wurden auch Fichten , Tannen und Linden benutzt. Wo nicht die Möglich- keit bestand, einen ganzen Baum
zu beschaffen, gab es wenigstens Zweige, die verteilt oder vor dem Haus in den Boden gesteckt wurden. Meist wurde der Baum von der ganzen Dorfgemeinschaft ge- meinsam im Walde gefällt und dann in einer Art Prozession in den Ort hineingefahren oder - getragen. Die Rinde wurde abge- schält und man ließ nur den Wipfel des Baumes mit allen Zweigen und Blättern stehen. Die Mädchen des Qrtes schmückten ihn dann, nachden man ihn aufge- stellt hatte, mit bunten Bändern und Kränzen. Mitunter war der Maibaum aber auch die Gabe eines einzelnen Mannes an eine von ihm verehrte Frau: Er stellte ihr dann den Baum heimlich nachts vor die Tür, vor das Fenster oder sogar aufs Dach. Es kam auch vor, daß jedes in einem Hause wohnende Mädchen von einen Mann sein Bäumchen bekam oder daß mehrere Männer einen Baum für ein Mädchen aufstellten. Manchmal wurde der Maibaum zu Ehren eines Paares aufgestellt, das im vorigen Jahr geheiratet hatte. Wurde dann das erste Kind geboren, blieb der Baum stehen. Als kultischer Mittelpunkt einer Dorfgemeinschaft wurde der Mai- baum von Männern und Frauen umtanzt, wobei er oftmals mit bunten Bändern umwunden wurde. Man findet dafür auch,die Vor- schrift, daß am Tanz um den Baum nur jungfräuliche Mädchen teil-
nehmen dürfen. Nach der Umtanzung wurde er in vielen Arten am darauffolgenden Tage gestürzt, was man später aus Sparsamkeitsgründen unterließ, so daß der Baum ständig stehen-
Was hat es nun mit der Symbolik des Maibaumes auf sich? Es gibt hier die überraschend- sten Deutungsversuche: So brin- gen es gewisse wölkische Autoren fertig, in ihm ein Symbol kol- lektiver Ganzheit zu sehen, in der Zweige und Blätter stellver- tretend für die Individuen ste- hen, während der Baumstamm ihre Vereinigung in der Gemeinschaft versinnbildlicht. Dies ist na- türlich rein politisch gemeint und geht über die tatsächliche
ältere Bedeutung des Baums als Sippen oder Familiensymbol (siehe der Begriff "Stammbaum" ) weit hinaus. Für Frazer ist der Maibaum gemäß der alten Bauern- weisheit, daß "zu Walpurgis der Saft in die Birken fährt", in erster Linie ein Sinnbild des Frühjahrswachstums, ja sogar eine direkte stoffliche Verkör- perung des Vegetationsgeistes. Nun belegt aber schon das ganze Brauchtum um den Maibaum, daß es hier vor allem um die Beziehung zwischen den Geschlechtern geht: Was läge also näher, als im Maibaum eine Verkörperung des männlichen Phallus zu sehen und in den ganzen entsprechenden Bräuchen eine mystische Vereh- rung und Präsentation seiner Macht? Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Beziehung zwischen der meist als Maibaum gebrauchten Birke zu der Göttin der Liebe und Schönheit Freya, die in der germanischen Rune "BIARK" verdeutlicht wird. Freyas Bruder, der Sonnengott FREYR, mit dem sie nach den Mythen auch sexuellen Umgang pflegte, wurde im Tempel zu Upsala in Schweden mit erigier- tem Phallus dargestellt.
Auch wurde der Maibaum als "Maie" bezeichnet, was ebenso wie der entsprechende Monatsname mit einem altitalischen Wachs- tumsgott namens "MAIUS" zusam- menhängen könnte.
Bei konsequenter Anwendung der Sexualsymbolik wird uns auch die Deutung des Kranzes nicht schwerfallen, der um den aufge- richteten Maibaum herum aufgezo- gen wird.
Kommen wir nun zu den be- stalten, deren Betrachtung uns den ursprünglichen Sinn des Festes noch näher bringt. Es ist der Maikönig, Maigraf oder auch Maibräutigam und seine weibliche Ergänzung, die Maikönigin, - oräfin oder -braut. Beide treten in späterer Zeit auch getrennt voneinander auf. Er wird ent- weder durch die Gemeinschaft gewählt, durch einen Wettlauf, Wettreiten oder durch ein Wett- schießen ermittelt. Die anderen Dorfbewohner empfangen ihn ehr- erbietig wie einen Fürsten oder siegreichen Herrscher. Wie ist sein äußeres Erscheinungsbild beschaffen? Er hat oftmals ein geschwärztes Gesicht, trägt einen grünen Kranz um die Schultern oder ist am ganzen Körper mit grünem Laub bedeckt. Seine Laubhiille gilt als zauber- kräftig. Gelegentlich wmreitet man auch mit ihm gemeinsam die Kornfelder.
Die Maibraut oder auch Pfingstbraut tritt vor allem in Norddeutschland allein auf. Sie streut Blumen auf die Wege und vor die Türen. Nahe der Wartburg gibt es den Brauch, daß die in Laub gehüllte Pfingstbraut mit
einem Mädchen aus jedem Haus ein Tänzchen macht.
Ausgssucht wird,sie., meist nach den Kriterien der Schönheit und Tüchtigkeit.
Treten beide (Maigraf und Maigräfin) zusammen auf, so gibt es eine ganze Reihe von Ritua- len, die deutlich machen, daß sich hier so etwas wie eine Finweihung abspielt, bei der die Frauen meist aktive, priesterli- che Funktionen ausüben.
So gibt es einen Brauch, bei dem sich der Bräutigam schlafend stellt, um anschlie- ßend von der Braut geweckt zu werden.
Auch stellt sich der Bräu- tigam tot und wird dann von der Braut zu neuem Leben erweckt. Für Männer, die von ihrer Braut verlassen wurden, gibt es zum Maifest folgendes Ritual: Der Mann wird in grünes Laub einge- hüllt, legt sich auf die Erde und stellt sich schlafend. Ein Mädchen, das ihn gern heiraten möchte, "weckt" ihn, reicht ihm den Arm und eine Fahne und zieht mit ihm ins nächste Wirtshaus.
Fin mit Laub und einer Maske bekleideter Mann (sog. "yasservogel") wird von zwei Frauen an einem Gewässer in Empfang genommen, um ihn nach Beseitigiaung seiner Maske zu waschen. Darauf legt er seine Arme um ihre Nacken und wird dreimal unter Wasser getaucht.
Sehr aufschlußreich ist auch das sog. "Dreckschwein- fest", das zu Pfingsten im Süd- harz gefeiert wird: Die Männer gehen in grobes Sackleinen ge- hüllt zu einem Teich und ver- suchen, sich gegenseitig hinein- zustoßen. Danach begeben sie sich ins Dorf zurück und er- scheinen dort mit neuen, weißen Gewändern und bunten Bändern.
Wenn wir angesichts dieser seltsamen Riten an die alte Vorstellung denken, daß der Lichtgott im Schoß der Erdmutter zur \Wintersonnenwende wiederge- boren wird, so schien man zur Zeit des Maifestes wahrzunehmen, wie der Impuls dieses Gottes in Form der zahllosen Keime, Knos- pen und des frischen Grüns aus der Unterwelt an die Erdober- fläche emporstößt, wobei es die
Göttin der Morgenröte ist, die ihm zur Frühlings-Tagundnacht- gleiche die Kraft dafür zuströ- men läßt.
Demzufolge haben wir beim Osterfest auch das Ei als Sinn- bild, in dem nach altindischer Überlieferung der Urgott verbor- gen ist. Wenn das Ei zerbricht, die eine Hälfte zum Himmel, die andere zur Erde wird, findet die Erschaffung der Welt statt. Eben dieses Heraustreten eines Gottes aus dem Schöpfungskeim (=Ei) erleben wir im Anschluß an das Osterfest mit dem Maifest. In dieser Zeit findet auch die Neuschöpfung des Lebens in der Natur statt.
5o wären Maigraf und -gräfin die Repräsentanten göttlicher Urkräfte, die sie natürlich nur dann würdig verkörpern, wenn sie eine starke innere Beziehung zu diesen Wesenheiten entwickeln. Der Maigraf oder -künig ist also der Sonnengott, der nach seiner Geburt aus der Unterwelt zurück auf die Oberwelt wandert, wo er seine Pubertät durchmacht und die jugendliche Zeugungskraft aewinnt. Seine Braut ist die Göttin des neuen Lichtes EOSTRAE/OSTARA/FREYA, mit der er sich in Liebe und Ekstase ver- bindet. So gesehen bedarf natür- lich auch das Umwinden des Mai- baumes mit Bändern (der sog. Bandltanz) einer vertieften sexualsymbolischen Deutung. In
ihrer menschengestaltigen Be- deutung ist diese Göttin die Jungfrau, die ebenso ihre ersten Erfahrungen körperlicher und sexueller Bewußtwerdung macht, wie auch der junge Lichtgott. Auf diesem Hintergrund ist dann auch der Brauch des sogenannten Mailehens zu verstehen, bei dem Mädchen und Jungen füreinander ausgelost oder versteigert wer- den. Dies geschieht unter dem Maibaum oder beim Maifeuer. Die von jetzt an zusammengehörigen Paare beschenken sich gegensei- tig während des Jahres, gehen gemeinsam zum Tanz und zu allen Dorffestlichkeiten. Ihre Part- nerschaft galt zunächst nur für ein Jahr, obwohl sich daraus natürlich oft eine Art Verlobung entwickelte. So nennt man diesen Monat zu Recht den Iılonnemonat, da sich in ihm nicht nur die Vegetation und die Tierwelt, sondern auch die Herzen der Menschen in Lust und Liebe ent- falten. Nun noch einige nütz- liche Ratschläge aus der Weis- heit des Volkes: Mairegen und Maitau sind heilkräftig (u. a. gegen Augenleiden) und bringen Schönheit. Per Maitau insbeson- dere, wenn man sich nackend darin wälzt. Wer sich zu Wal- purgis einen Kranz von Gunder- mann aufsetzt, kann alle Hexen
sehen. Ein Mittel, um Geheimnis- sen auf die Spur zu kommen: Man gräbt in der Mainacht, schweigend
einen Spiegel mit dem Glas nach unten auf einem Kreuzweg ein und holt ihn in der nächsten Nacht zwischen 11.00 und 12.00 Uhr wieder, wobei man dann alles in ihm sehen kann, z.B. jeden Dieb- stahl.
Die NWalpurgisnacht gilt übrigens auch als Losnacht, d.h. man kann in ihr zukünftige Dinge mittels Orakel erfahren.
Um das Fest heute auf die rechte Art und Weise zu begehen, sollte man vielleicht einen Baum als Maibaum auswählen, den man während der Feier dort stehen läßt, wo er gewachsen ist.
Der Maikönig und die Maikö- nigin sollten sich natürlich schon einige Zeit vorher inten- siv mit den Gottheiten auseinan- dersetzen, um diese auf dem Fest wirklich repräsentieren zu kön- nen, d. h. von ihrer Kraft be- sessen zu sein. Es wäre schließ- lich schade, wenn das Maifest nicht mehr wird als ein harın- loser Volkstanz um den Maibaum mit anschließendem Umtrunk.
Matthias Wenger
THELEMA
- oder gibt es noch eine Heilige Inquisition in unserem Land?
Grundsätzlich hat jeder Mensch in diesem Lande ein unveräußerliches Recht auf seine eigene religiöse Anschauung, auf Glaubens-, Bekennt- nis- und Gewissensfrei- heit (Art. 3, Abs. 3 und Art. 4, Abs. 1, 2 des Grundgesetzes). Und er darf nach dem Buchstaben des Gesetzes deswegen auch nicht benachteiligt oder gar verfolgt werden. Aus diesem Grunde gibt es in der Bundesrepublik Deutschland auch keine Staatskirche und keinen staatlich verordneten Glaubens- zwang, wie er uns aus früheren Phasen deutscher Geschichte wohlvertraut ist.
Entschließt sich nun ein Einzelner oder eine Bemeinschaft von Menschen, einen bestimmten geistigen Weg, einer eigenen religiösen Weltsicht zu folgen, so haben Staat und Gesellschaft die beste Möglichkeit, ihre To- leranz konsequent unter Beweis zu stellen.
Der vorliegende Fall "The- lema" zeigt deutlich, wie schwer es sein kann, den gesellschaft- lichen und kirchlichen Instanzen diese Toleranz abzuringen, ja
SE — a I
wie sehr unser Staat noch mit Verfahrensweisen behaftet ist, die in einer republikanischen Ordnung eigentlich tabu sein müßten.
Beginnen wir mit einer kurzen Darstellung dessen, was Thelema eigentlich ist, um dann zu schildern, wie die politisch- publizistisch-kirchliche Umwelt darauf reagierte.
Thelema, heute nach Aussage des Ordensgründers Michael Eschner als Ordensorganisation nicht mehr existent, war ein magisch ausgerichteter Ürden, der Anfang der Achtziger Jahre in Berlin begrindet wurde. Hier fand er damals auch seine ersten Anhänger. "Thelema" ist ein Be- griff, der aus dem Griechischen stammt und soviel wie "Wille"
bedeutet. Er war die zentrale Devise des berühmten englischen Magiers und Okkultisten Aleister Crowley, der von 1875-1947 lebte und ein komplexes System kabba- listisch-mythologischer Symbolik und eine Vielzahl magischer Techniken und Rituale entwickel- te.
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Er war zwar in seiner Ar- beit ungeheuer schöpferisch und gab viele neue Impulse, doch war Crowley in entscheidender Weise geprägt worden durch den Orden der goldenen Morgendämmerung, der im England des ausgehenden 19. Jahrhunderts die alchemisti- schen, astrologischen und kabba- listischen Traditionen wieder- belebte. Die altägyptische Reli- gion und ihre mythische Symbolik spielte in diesem Orden eine große Rolle - im Grunde einer
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der ersten Ansätze zur Renais- sancee des heidnischen Poly- theismus, wie er erst heute langsam zum Tragen kommt. Dane- ben war es der Orden der Templer vom Orient (0.T.0), dessen se- xualmagische Symbolik Crowley schon selbst erarbeitet hatte, bevor man ihn in den Orden auf- nahm und ihm darin eine Füh- rungsrolle zugestand.
Es waren aber auch andere Mysterien, die Crowley beschäf- tigten, und in sein magisches Entwicklungssystem einflossen, wie z.B. die keltische Gralstra- dition, das chinesische I-Ging, der Tarot und die Übungen des Yoga. Schließlich baute Crowley seinen eigenen Orden auf, die ASTRA ARGENTEA, in die er dann all sein praktisches und theore- tisches Wissen investierte. Aus seinen mystischen Erfahrungen heraus wie z.B. der angeblichen Offenbarung des Buches des Ge- setzes ("Liber Al vel Legis") im Jahre 1904 in Kairo, entwickelte Crowley eine für ihn wichtige Erkenntnis: Daß es im tiefsten Inneren jedes Menschen ein Ge- setz gibt, das die eigentliche Triebkraft seiner kosmischen Existenz darstellt. Dieses innere Gesetz bezeichnete er als "den wahren Willen", oder symbo- lisch ausgedrückt den heiligen Schutzengel des Menschen. Er formulierte auf der Grundlage dieser Erkenntnis den berühmten,
oft bewußt mißverstandenen Satz: "Tu was Du willst - dies soll sein das ganze Gesetz", aber auch: "Jeder Mann und jede Frau ist ein Stern", um damit deut- lich zu machen, daß jeder Mensch sein eigenes Gesetz der Bewe- gung, seine eigene Bahn der Entwicklung durch die Unendlich- keit habe.
Unglückseligerweise ist aber dieses innere Gesetz, der wahre Wille, unter einem Riesen- schutthaufen von angenommenen oder auferlegten Rollen, von Masken, von Pseudo-Identitäten, die sich die Menschen im Laufe ihrer Inkarnationen aufgebürdet haben, begraben. Nach diesen einmal aufgenommenen Rollenspie- len entwickeln sich die Menschen mit der Folgerichtigkeit von lebendigen Maschinen, unter de- ren Rädergewirr ihre göttliche Identität ohnmächtig dahin- schlummert. Es geht nun bei Crowleys Arbeit darum, dem wah- ren Willen wieder Gehör zu ver- schaffen, ihn zu einem wirk- lichen souveränen Zentrum selbstbestimmten Handelns werden zu lassen, in dem er allen äuße- ren Einflüsterungen angeblich gesellschaftlich verbindlicher Normen entsagt. Dieses Verspre- chen vollkommener Freiheit hat Crowley unter anderem den Ruf eines Propheten des Individual- Anarchismus eingetragen - obwohl seine Vorstellungen eigentlich
nur die konsequente Anwendung mystischer Prinzipien sind.
Um nun die angemaßte oder
aufgezwungene Pseudoidentität und ihre Normen in der augen- blicklichen Inkarnation zu
durchbrechen, empfiehlt Crowley Übungen und Techniken, um diese in Frage zu stellen. Denn an der Stelle, an der ein Riß in der "Maske" entsteht, könnte ja das wahre innere Gesetz des Menschen hervorbrechen, das sich solange verborgen gehalten hat, Zur Erreichung dieses Ziels hat Crowley eine ganze Reihe von Übungen empfohlen, die den Men- schen in seiner körperlichen, seelischen und geistigen Lei- stungsfähigkeit an die Grenze dessen führen sollen, was er in seiner gegenwärtigen Inkarnation
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als feste Norm entwickelt hat. Hat z.B. jemand die Vorstellung entwickelt, daß sein Körper schwach und sensibel ist, so empfiehlt Crowley die bewußte Durchbrechung eines solchen Tabus mit entsprechend belasten- dem Training. Es geht darum, die augenblicklich geprägte Form der karmischen Situation zu "zerstü- ckeln", um eine Neuprägung vor- zunehmen. Durch die Bewegung, die dadurch in die starre WWesen- heit des Pseudo-Ich der Gegen- wart gerät, erhofft man sich dann ein Erwachen und einen schließlichen Durchbruch des wahren Ichs, eben des wahren
Willens.
wir dieses n
Ilenn konsequenterweise auch auf das Gebiet des Sexuellen oder auf die Gefühlsebene übertragen, SO wird schnell die Entrüstung deutlich, mit der schließlich nicht nur puritanisch-klerikales Bürgertum, sondern auch die "yeißmagischen" Soft-Esoteriker auf Crowleys dementsprechende Praktiken reagierten. Wer die
sanfte, evolutionäre Transforma- tion des Menschen durch ein höheres Bewußtsein. „erstrebte, konnte Crowleys Konzept leicht als "Horrortrip" des "linken Pfades" identifizieren.
Rufes hat sich Crowley dadurch einen Namen gemacht, daß er an Esoterik interessierte Menschen nicht nur zu endlosen Diskussio- nen, sondern auch zum aktiven
Handeln ermutigt hat.
Nach seinem Tode gab es eine ganze Reihe von Gruppen, die sich tatsächlich oder vor- geblich um die Fortführung sei- ner Arbeit bemühten. Besonders natürlich im angloamerikanischen Bereich, aber auch im deutschen Sprachraum, wobei der 0.T.D. Frankfurt (mit dem Illuminaten- orden), der 0.T.0. Zürich mit
der Gnostisch-Katholischen Kir- che und der deutsche Orden Fra- ternitas Saturni zu erwähnen sind. In den Siebziger Jahren entstanden daraus dann eine Reihe von Abspaltungen und Neu- gründungen, was wohl z.T. auch aus dem Generationskonflikt re- sultierte.
Michael Eschner fühlte sich u.a. deshalb zur Ordensgründung
von Thelema berufen, weil er
sich für die Reinkarnation Crow- leys hält. Seine Neuinterpreta- tion der Lehren Crowleys beruhte u.a. auf dem Vergleich mit zeit- genössischen tiefen- und gesell- schaftspsychologischen Systemen (Freudsche und Jungsche Psycho- analyse, Transaktionsanalyse) und auch auf der Erkenntnis, daß sich die Situation der Menschen allein durch die Veränderung gesellschaftlicher Mechanismen nicht wesentlich bessern würde. Insofern zählt Eschner (heute 39jährig) zu jener Vielzahl von Exponenten der B6Biger-Revolte und -Generation, die die Notwen- digkeit selbstgestalteter mysti- scher Transformation anstelle bloßer sozialrevolutionärer Pro- gramme für das Entstehen eines neuen Zeitalters erkannt haben. Vielleicht ist es diese verbor- gene, individuelle Sprengkraft für das zwanghafte Gefüge unseres gesellschaftlichen Orga- nismus, die die Gegner bald mit größter Bewußtheit auf den Plan
rufen sollte. Interessant ist z.B. schon einmal die undiffe- renzierte Betrachtungsweise zahlreicher Presseorgane, die sich bei anderen religiösen Institutionen wie den großen Kirchen meist krampfhaft um Db- jektivität bemühen. Obwohl z.B. Crowleys Lehre einen differen- zierten Polytheismus beinhaltet, wurde der Orden Thelema pauschal als Gruppe eingestuft, die sich der Teufelsanbetung verschrieben hätte.
So ist Thelema für die Zeitschrift "Quick" eine Gruppe von "Satansverehrern", für die eher linksliberale Frankfurter Rundschau eine "Satanssekte" oder ein "Teufelsclub". Des Be- griffs "Satanssekte" bedienen sich auch das Volksblatt Berlin, die BZ und natürlich die Bild- Zeitung (beide Springer).
Es ist schon eigenartig, daß auch scheinbar ganz vonein- ander unabhängige Zeitungen unterschiedlicher Ausrichtung bei diesem Gegenstand genau die gleiche Tonlage finden.
Folgt man der Darstellung der Ordensmitglieder Michael Eschner und Joerg Roestel in einem Gespräch mit der HAIN- Redaktion, so scheint es nicht allzu schwer, die richtigen Querverbindungen und Impulsgeber in der Front der Ordensgegner aufzufinden.
Im Jahre 1983 hatte die
eingetragene Gemeinschaft "The- lema-Orden des Argentum Astrum e.V." ein Ordenshaus in Berlin- Moabit (Quedlinburger Str. 2) bezogen, in das anfangs 11 Leute übersiedelten und in dem zeit- weise bis zu 25 Personen wohnten und lebten. Das Haus, eine für 3500 DM im Monat gemietete Vil- la, war als "Abtei" Mittelpunkt der spirituellen Arbeit wie auch der wirtschaftlichen Grundlage des Ordens, eines Buchverlages und Versands. In dem Verlag sind inzwischen zahlreiche Werke von und über Crowley und zum Thema Magie erschienen. 1983 hatte der Orden ca. 30 aktive Mitglieder, die zumindest zeitweise im Or- denshaus lebten, sowie 3-4 Außengruppen mit jeweils 10 bis 20 Leuten. Schon dies macht deutlich, daß der Einzug ins Ordenshaus durchaus eine frei- willige Entscheidung der betref- fenden Mitglieder war und nicht auf einer Zielsetzung der Ür- densleitung beruhte, bewußt Men- schen von ihrer Umwelt zu iso- lieren.
Vom Sommer 1983 bis zum Sommer 1985 existierte die "Abtei", zwischen Mai und Dkto- ber 1985 war sie von den meisten Bewohnern schon wieder verlassen worden. Entsprechend der Grundeinstellung der thelemi- tischen Philosophie (Crowley hatte öfter vom "dunklen Zeital- ter des Christentums" in seinen
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Schriften gesprochen) war natür- lich die Kirche schon früh auf Thelema aufmerksam geworden.
So fand die erste Kon- taktaufnahme des Sektenbeauf- tragten der Evangelischen Kirche Berlin Brandenburg, Pfarrer Thomas Gandow, laut Eschner im Jahr 1982 statt. Damals hatte sich dann Eschner nach eigener Aussage auch bereit erklärt, im Rahmen einer kirchlichen Veran- staltung einen Vortrag über The- lena und auch über seine Stellung zum Christentum zu hal- ten. Den 40 anwesenden Sekten- pfarrern aus allen Teilen der Bundesrepublik müssen die Ohren geklungen haben, als Eschner abschließend die verschmitzte Anmerkung machte:"Heilige haben eine Vergangenheit, Sünder eine Zukunft".
Trotz dieser ausreichenden Informationsmöglichkeit, bei der er eigentlich alles Wichtige über den weltanschaulichen Hintergrund des Ordens hätte erfahren können, schien Gandow nun erst recht unruhig zu werden. Er schrieb kurzerhand einen Brief an den damaligen Innensenator Lummer, mit der Bitte, Thelema zu überprüfen. Des Weiteren, so weiß Eschner zu berichten, versetzte Gandow über eine Elterninitiative einige Eltern von Ordensmitgliedern in Panik, wobei die verbreiteten Horrorgeschichten aus dem Ür- densleben niemals eindeutige Fakten beinhalteten. Meist hieß es in den Sektenberatungsstellen nur, "man hätte gehört", daß dort "diese oder jene" Praktiken betrieben werden (z.B. als an- gebliches Ekeltraining das Ver- zehren von Kot, Gebrauch exoti- scher Drogen, Folterkeller). Das Einspannen der Eltern für kir- chenpolitische Ziele ist in- sofern besonders kurios, als der Orden generell nur Voll jährige aufnahm. Bei den Ritualen und Übungsabenden sollen niemals unter 16 jährige anwesend gewesen sein. Haben die Protestanten hier etwa ein gestörtes Verhält- nis zur Religionsmündigkeit, die ja bekanntlich schon vor der Volljährigkeit eintritt?
Nachdem das kirchliche Kes- seltreiben ungeachtet der Reli-
Martin Coleman
gionsmündigkeit der praktizie- renden Thelemiten nicht abriß, wurde Gandow im Frühjahr 1984 von Eschner zum Besuch der Abtei eingeladen, um sich selbst ein objektives Bild von den Vorgän- gen des Ordenslebens zu machen. Er erschien auch, in Begleitung von zwei Vikaren, diskutierte mit den Ordensmitgliedern und zitierte eifrig aus der Offen- barung Johannes über den "Anti- christen". Doch auch dieses offene Gespräch mit dem klerika- len Sektenschnüffler fruchtete nichts. Vielmehr fühlte sich Gandow bemüßigt, einen zweiten Brief an den Innensenator zu schreiben, in dem er auf Klagen von Eltern bezugnehmend, eine Isolation der Ofrdensmitglieder beklagte. Und obwohl das Zeital- ter der Inquisition nun schon einige Jahrhunderte zurück liegt, forderte Gandow vom In- nensenator sogar ein Verbot des Ordens!
mn nn genen
RELIGION
BRÜDER, _ LASST UNS NIGHT ÜBER RELIGION STREITEN DENN SIE IST WIE
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